Betriebsbedingte Kündigung: Die 4 Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung

Immer weniger Aufträge, immer mehr Leerlauf: Die betriebsbedingte Kündigung kommt nur selten gänzlich überraschend. Dabei sind die Anforderungen an diese höher, als die meisten Arbeitsnehmer glauben: Ihr Chef muss schon gute Gründe haben, um Ihnen betriebsbedingt zu kündigen. Ein kurzfristiger finanzieller Engpass reicht nicht aus! Sind diese Gründe nicht gegeben, sollten Sie sich unverzüglich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung zur Wehr setzen!

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Die 4 Voraussetzungen für eine wirksame betriebsbedingte Kündigung:

Wann ist eine betriebsbedingte Kündigung wirksam?

Will ein Arbeitgeber betriebsbedingt kündigen, muss er dafür gute Gründe haben. Kommt es zum Kündigungsschutzprozess, muss er auch in der Lage sein, seine Beweggründe klar und dezidiert vorzutragen. Auch eindeutige Zahlen muss er nennen können. Grund dafür ist, dass Beschäftigte, die bereits länger als sechs Monate im Betrieb sind, unter Kündigungsschutz stehen (§ 1 Abs. 1 KSchG). Dieser erschwert es dem Arbeitgeber, ordentliche Kündigungen auszusprechen. Eine Ausnahme stellen dabei Kleinbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern dar: Der allgemeine Kündigungsschutz greift hier zwar nicht, doch muss eine betriebsbedingte Kündigung auch in diesem Fall sozial gerechtfertigt sein.

Wichtig: Der Arbeitgeber kann sich bei einer betriebsbedingten Kündigung nicht einfach darauf berufen, dass die Aufträge gerade zurückgehen. Er muss belegen können, dass Ihr Arbeitsplatz auch auf lange Sicht wirtschaftlich nicht mehr tragbar ist.

Die Gründe für eine betriebsbedingte Kündigung können inner- oder außerbetrieblich sein.

Beispiele für innerbetriebliche Gründe:

  • Auslagerung von Abteilungen (Outsourcing)
  • Umstellung der Produktion und daraus resultierender Wegfall von Arbeitsplätzen
  • Anschaffung neuer Maschinen
  • Schließen von Filialen

Beispiele für außerbetriebliche Gründe:

  • Auftragsmangel, von dem absehbar ist, dass er über einen längeren Zeitraum anhält (beispielsweise bei der Rezession einer bestimmten Branche)
  • Kürzung von Drittmitteln

Dringliche Kündigung: Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz muss unmöglich sein

Liegt einer dieser Gründe vor, kann Ihr Arbeitgeber Ihnen unter bestimmten Voraussetzungen eine betriebsbedingte Kündigung aussprechen. Diese muss allerdings „dringlich“ sein. Das bedeutet, dass Ihr Chef Ihnen nicht kündigen kann, wenn es die Möglichkeit gäbe, dass Sie einfach eine andere Position besetzen beziehungsweise an einen anderen Arbeitsplatz innerhalb des Betriebs versetzt werden können. Dieser Arbeitsplatz muss sowohl frei als auch vergleichbar sein. Darunter versteht man Folgendes:

  • Der Arbeitsplatz muss frei sein: Der alternative Arbeitsplatz muss mit Ablauf der Kündigungsfrist oder kurz darauf frei – also unbesetzt – sein. Spricht Ihr Arbeitgeber Ihnen eine betriebsbedingte Kündigung aus und gibt es freie Arbeitsplätze, die für Sie infrage kommen, darf er dafür nicht einfach externe Bewerber auswählen. Frei ist ein Arbeitsplatz auch dann, wenn er bei Ablauf der Kündigungsfrist von einem Leiharbeiter besetzt ist.
  • Der Arbeitsplatz muss vergleichbar sein: Der alternative Arbeitsplatz muss Ihrer früheren Tätigkeit entsprechen oder ihr zumindest ähnlich sein. Er ist Ihrem alten Job dann ähnlich, wenn Ihr Chef Sie rein aufgrund seines Weisungsrechts an den neuen Arbeitsplatz versetzen dürfte, weil er davon ausgehen kann, dass Sie der Tätigkeit gewachsen sind. Ein Arbeitsplatz gilt nicht als vergleichbar, wenn eine Abänderung Ihres Arbeitsvertrags nötig wäre.

Tipp für Arbeitnehmer: Gibt es gerade keinen freien, vergleichbaren Arbeitsplatz sollten Sie als Arbeitnehmer Ihrem Chef klar zu verstehen geben, dass Sie auch an Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen interessiert sind. Teilen Sie ihm dies am besten schriftlich mit und – wenn möglich – noch bevor die Kündigung ausgesprochen wurde. Ist die Umschulungsmaßnahme sowohl Ihnen selbst als auch Ihrem Chef zumutbar, kann die betriebsbedingte Kündigung als unwirksam ausgelegt werden.

Sozialauswahl: soziale Gesichtspunkte müssen berücksichtigt werden

Vor allem, wenn ganze Abteilungen geschlossen werden oder aufgrund von Produktionsumstellungen mehrere Stellen gestrichen werden, kann es vorkommen, dass mehr Kündigungskandidaten vorhanden sind als Kündigungen ausgesprochen werden sollen. In einem solchen Fall kann der Arbeitgeber nicht willkürlich Kündigungsschreiben verteilen; stattdessen muss er soziale Gesichtspunkte berücksichtigen. Dieses Vorgehen bezeichnet man als Sozialauswahl. Das Gesetz sieht vor, dass die folgenden vier Faktoren dabei berücksichtigt werden:

  • Dauer der Betriebszugehörigkeit
  • Lebensalter
  • Unterhaltspflichten
  • Schwerbehinderung

Ist dem Arbeitgeber bei der Sozialauswahl ein Fehler unterlaufen beziehungsweise sind Sie der Meinung, dass Sie schutzbedürftiger sind als Kollegen, denen nicht gekündigt wurde, kann die Kündigung unwirksam sein. Wenn der Verdacht eines Fehlers besteht, können Sie zunächst die telefonische Rechtsberatung der Deutschen Anwaltshotline nutzen. Erfahrene Anwälte schätzen Ihre Situation ein und geben Ihnen Tipps für das weitere Vorgehen. Sie sollten allerdings nicht zu lange zögern: Für das Einreichen der Kündigungsschutzklage haben Sie ab Zugang der Kündigung lediglich drei Wochen Zeit.

Wie wehre ich mich gegen eine betriebsbedingte Kündigung?

Gehen Sie anhand der oben aufgeführten Voraussetzungen für die betriebsbedingte Kündigung davon aus, dass Ihre Kündigung eigentlich unwirksam ist, sollten Sie über eine Kündigungsschutzklage nachdenken. Diese können Sie innerhalb einer Frist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen.

Ziel dieser ist es zu belegen, dass die Kündigung unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis somit weiterbesteht. In der Praxis ist es allerdings so, dass weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer gerne an einem Beschäftigungsverhältnis festhalten, wenn die Kündigung einmal ausgesprochen wurde. Aus diesem Grund enden viele Kündigungsschutzprozesse in einem Vergleich: Das Arbeitsverhältnis wird dabei aufgelöst und im Gegenzug erhält der Arbeitnehmer eine Abfindung.

Sonderfall 1: Der Arbeitgeber verweist schon in der Kündigung auf eine Abfindung

Bei betriebsbedingten Kündigungen enthält häufig schon das Kündigungsschreiben einen Verweis auf eine mögliche Abfindung. Der Arbeitgeber weist den gekündigten Arbeitgeber dabei darauf hin, dass er Anspruch auf eine Abfindung hat, wenn er nach Ablauf der 3-Wochen-Frist keine Kündigungsschutzklage einreicht.

Die Abfindungshöhe ist in diesem Fall durch § 1a Abs. 2 KSchG klar geregelt: Sie beträgt einen halben Bruttomonatslohn pro Beschäftigungsjahr. Wurde in einem Jahr mehr als sechs Monate gearbeitet, wird dieses als volles Beschäftigungsjahr gerechnet.

Sonderfall 2: Der Arbeitgeber bietet einen Aufhebungsvertrag an

Häufig bieten Arbeitgeber zur Vermeidung der betriebsbedingten Kündigung auch einen Aufhebungsvertrag an. Auch in diesem Fall erhält der Arbeitnehmer in der Regel eine Abfindung im Gegenzug für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Diese fällt meist sogar höher aus als die Abfindung, die wie in Sonderfall 1 bei der Kündigung versprochen wird.

Allerdings birgt ein Aufhebungsvertrag eine nicht zu vernachlässigende Gefahr: Weil Sie Ihr Beschäftigungsverhältnis im Prinzip freiwillig beenden, müssen Sie unter Umständen mit einer zwölfwöchigen Sperrzeit beim Arbeitslosengeld rechnen. So will es das Sozialgesetzbuch, genauer gesagt § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Die höhere Abfindung kann so schnell zum finanziellen Risiko werden. Sie haben allerdings die Möglichkeit, Ihren Chef dazu aufzufordern, im Aufhebungsvertrag schwarz auf weiß festzuhalten, dass dieser lediglich als Alternative für eine betriebsbedingte Kündigung anzusehen ist. Ist die arbeitgeberseitige Kündigung nämlich unumgänglich, wird die Agentur für Arbeit in der Regel keine Strafe verhängen.


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