Betriebsrat: Aufgaben, Rechte und Pflichten im Überblick

Als einzelner Arbeitnehmer hat man es oft nicht leicht, seine Rechte und Interessen gegenüber dem Arbeitgeber durchzusetzen – immerhin hängt für viele die wirtschaftliche Existenz an ihrem Job. Und so entsteht schnell der Eindruck eines Ungleichgewichts. Aus diesem Grund gibt es den Betriebsrat. Welche Aufgaben er übernimmt, wie die Betriebsratswahl abläuft und welche besonderen Rechte Betriebsräte haben, verrät Ihnen dieser Ratgeber.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Das Wichtigste im Überblick

Definition: Was ist ein Betriebsrat?

Der Betriebsrat ist ein betriebsverfassungsrechtliches Mitarbeitergremium, das sich für die Wünsche und Bedürfnisse der Arbeitnehmer einsetzt und alle 4 Jahre neu gewählt wird. Er beteiligt sich in verschiedensten Bereichen des betrieblichen Alltags – vom Arbeitsschutz über Tarifverträge bis hin zum Einstellungsverfahren.

Die konkrete Ausgestaltung der Rechte und Pflichten eines Betriebsrats ist im Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) geregelt. Wie stark der Betriebsrat Einfluss auf betriebliche Entscheidung nimmt, unterscheidet sich zum Teil stark von Branche zu Branche. In manchen Fällen ist er lediglich befugt, den Arbeitgeber zu „unterrichten“, das heißt, er nimmt eine beratende Funktion ein. In anderen Fällen dagegen reichen seine Beteiligungsrechte bis zur Mitbestimmung, ohne die der Arbeitgeber nicht handeln darf.

Betriebsrat gründen: Ab wann ist es möglich?

Um einen Betriebsrat zu gründen, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Im Betriebsverfassungsgesetz steht dazu:

„In Betrieben mit in der Regel mindestens 5 ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen.“ (§ 1 BetrVG)

Als wahlberechtigt gelten Sie, wenn folgende Punkte vollständig auf Sie zutreffen (§ 7 BetrVG):

  • Sie sind Arbeitnehmer, das heißt, Sie haben ein Vertragsverhältnis zu einem Arbeitgeber.
  • Sie gehören dem Betrieb an, in dem der Betriebsrat gegründet werden soll.
  • Sie haben das 16. Lebensjahr vollendet.

Zu den wählbaren Beschäftigten, von denen mindestens 3 notwendig für die Gründung sind, zählen alle, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und seit 6 Monaten oder länger dem Betrieb angehören (§ 8 BetrVG).

Ein Betriebsrat muss also nicht, kann aber gegründet werden, sobald mindestens 5 Mitarbeiter*innen fest im Unternehmen arbeiten – Auszubildende und Teilzeitbeschäftigte eingeschlossen. Wären jedoch beispielsweise nur 2 der 5 Angestellten wählbar, weil der Rest noch keine 6 vollen Monate im Unternehmen arbeitet, könnte keine wirksame Betriebsratsgründung zustande kommen. In der Praxis ist es allerdings eher unwahrscheinlich, dass ein Unternehmen mit 5 Beschäftigten einen Betriebsrat hat.

Ab wie vielen Mitarbeitern ist der Betriebsrat Pflicht?

Egal wie groß ein Unternehmen ist und wie viele Mitarbeiter*innen es beschäftigt – in Deutschland existiert für Arbeitgeber keine Pflicht zur Betriebsratsgründung. Gleichzeitig ist es den Arbeitnehmern jederzeit erlaubt, einen Betriebsrat ins Leben zu rufen, solange die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Sollte es also auf Initiative der Belegschaft hin zu einer rechtskonformen Betriebsratsgründung kommen, darf der Arbeitgeber diese nicht verbieten oder sonst wie verhindern.

Was allerdings gesetzlich vorgeschrieben ist, ist die Größe des Betriebsrats (§ 9 BetrVG). Diese hängt von der Anzahl der wahlberechtigen Arbeitnehmer ab:

Anzahl der wahlberechtigten ArbeitnehmerBetriebsratsgröße
5 bis 20Eine Person als Betriebsrat
21 bis 503 Betriebsratsmitglieder
51 bis 1005 Betriebsratsmitglieder
101 bis 2007 Betriebsratsmitglieder
201 bis 4009 Betriebsratsmitglieder
401 bis 70011 Betriebsratsmitglieder
701 bis 1.00013 Betriebsratsmitglieder
1.001 bis 1.50015 Betriebsratsmitglieder
1.501 bis 2.00017 Betriebsratsmitglieder
Für jeden weiteren 500er-Schritt+ 2 Betriebsratsmitglieder
5.001 bis 6.00031 Betriebsratsmitglieder
6.001 bis 7.00033 Betriebsratsmitglieder
7.001 bis 9.00035 Betriebsratsmitglieder
Über 9.000+ 2 Mitglieder für je angefangene weitere 3.000 Arbeitnehmer

 

Welche Rechte und Aufgaben hat der Betriebsrat?

Der Betriebsrat kümmert sich um die Belange der Angestellten sowie um alle möglichen Aspekte der alltäglichen Arbeit im Betrieb. Zu den häufigsten Angelegenheiten, in denen Betriebsräte tätig werden, zählen folgende Punkte (§ 80 BetrVG):

  • Kontrolle: Er muss kontrollieren, dass alle geltendenRegelungen aus Betriebsvereinbarungen, Tarifverträgen und Unfallverhütungsvorschriften eingehalten werden.
  • Arbeitnehmerschutz: Er sorgt dafür, dass Mitarbeiter*innen vor einer unrechtmäßigen Kündigung geschützt werden und dass der Sonderkündigungsschutz bei bestimmten Personen berücksichtigt wird.
  • Förderung: Er fördert die tatsächliche Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Unternehmen, ihre berufliche Fort- und Weiterbildung sowie auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
  • Gestaltung: Er kümmert sich darum, dass Anliegen vonseiten der Belegschaft (zum Beispiel Beschwerden) den Arbeitgeber erreichen und berücksichtigt werden. Außerdem kann er in Absprache mit dem Arbeitgeber die Gehälter, die Arbeitszeiten und die Urlaubsplanung regeln.
  • Personalentscheidungen: Hat ein Unternehmen über 20 regelmäßig Beschäftigte, muss es den Betriebsrat bei Neueinstellungen hinzuziehen. Erst wenn die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt ist, darf der potenzielle Kandidat eingestellt werden.

In welchem Umfang der Betriebsrat seine Beteiligungsrechte ausüben kann, variiert allerdings von Fall zu Fall. Grundsätzlich unterscheidet man hierbei zwischen Informationsrechten, Mitwirkungsrechten und Mitbestimmungsrechten:

Informationsrechte

Der Betriebsrat hat das Recht, über diverse Vorgänge und Entscheidungen im Unternehmen rechtzeitig und umfassend informiert zu werden. Dabei muss der Arbeitgeber ihn von sich aus in Kenntnis setzen, wenn Änderungen geplant sind.

Mitwirkungsrechte

Zu den Mitwirkungsrechten des Betriebsrats zählt zum einen das Anhörungsrecht – der Arbeitgeber ist also dazu angehalten, das Ersuchen des Betriebsrats anzuhören und sich aktiv damit auseinanderzusetzen. Zum anderen gibt es noch das Beratungsrecht, das beide Parteien dazu verpflichtet, sich gemeinsam über eine Angelegenheit zu beraten. Das heißt, der Arbeitgeber darf den Betriebsrat bei Entscheidungen zwar nicht einfach übergehen, aber das letzte Wort hat er dennoch.

Mitbestimmungsrecht

Hat der Betriebsrat Mitbestimmungsrechte, kann er großen Einfluss auf den Betrieb ausüben, denn der Arbeitgeber darf in diesem Fall kein Vorhaben ohne seine Zustimmung umsetzen. Zu den Mitbestimmungsrechten gehören folgende Rechte:

  • Zustimmungsverweigerungsrecht: Bei der Neueinstellung von Mitarbeiter*innen benötigt der Arbeitgeber erst die Zustimmung des Betriebsrats.
  • Widerspruchsrecht: Der Betriebsrat hat das Recht, Widerspruch gegen eine fristgerechte Kündigung einzulegen und somit den Arbeitnehmer vor der Entlassung zu schützen. Er muss dies allerdings begründen können – zum Beispiel mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit, dem Alter oder den sozialen Verhältnissen des Arbeitnehmers.
  • Durchsetzbare Mitbestimmung: Ohne die Zustimmung des Betriebsrats sind dem Arbeitgeber in nahezu allen Bereichen die Hände gebunden. Wenn beide Parteien auf keinen gemeinsamen Nenner kommen, entscheidet die Einigungsstelle. Dabei handelt es sich um ein Organ der Betriebsverfassung, das von Arbeitgeber und Betriebsrat gemeinsam gebildet wird.

Wie läuft die Betriebsratswahl ab?

Die Betriebsratswahl findet alle 4 Jahre statt (§ 21 BetrVG). Der Gesetzgeber schreibt dafür auch einen genauen Zeitraum vor, nämlich vom 1. März bis zum 31. Mai eines Jahres. Bei bestimmten Ereignissen – wenn die Wahl beispielsweise angefochten wird – kann von diesem gesetzlich definierten Zeitraum auch abgewichen werden.

Der Betriebsrat kann dann abhängig von der Größe des Betriebs entweder in einem normalen oder vereinfachten Wahlverfahren gewählt werden. Bei letzterem muss nochmals zwischen einem einstufigen und zweistufigen Verfahren unterschieden werden:

Anzahl der wahlberechtigten ArbeitnehmerArt des Wahlverfahrens
5 bis 100Vereinfachtes zweistufiges Wahlverfahren
101 bis 200Wahlweise normales oder vereinfachtes Wahlverfahren
Über 200Normales Wahlverfahren

Betriebsratswahl im normalen Wahlverfahren:

  1. Spätestens 10 Wochen bevor die Amtszeit des alten Betriebsrats ausläuft, muss ein Wahlvorstand durch den Gesamtbetriebsrat, den Konzernbetriebsrat oder das Arbeitsgericht eingesetzt werden.
  2. Der Wahlvorstand stellt eine nach Geschlechtern getrennte Liste der Wahlberechtigten auf. Dabei hat er zu beachten, welches Geschlecht in der Unterzahl vertreten ist und wie viele Betriebsratssitze diesem mindestens zustehen müssen.
  3. Der Wahlvorstand leitet die Wahl spätestens 6 Wochen vor dem 1. Tag der Abstimmung ein, indem er das Wahlausschreiben erlässt (Wahlberechtigte können innerhalb von 2 Wochen nach Erlass Einspruch gegen die Wählerliste einlegen).
  4. Spätestens eine Woche vor dem Wahltag gibt der Wahlvorstand die endgültigen Vorschlagslisten öffentlich bekannt. Wenn es jetzt noch Einsprüche gibt, muss der Wahlvorstand unverzüglich über diese entscheiden und seine Entscheidung spätestens einen Tag vor der Wahl bekanntgeben.
  5. Ist die Wahl abgeschlossen, beginnt sofort die öffentliche Auszählung der Stimmen durch den Wahlvorstand. Über das vorläufige Wahlergebnis wird im Anschluss eine Wahlniederschrift angefertigt.
  6. Der Wahlvorstand verständigt die gewählten Arbeitnehmer und gibt ihre Namen öffentlich bekannt.
  7. Innerhalb einer Woche nach dem Wahltag beruft der Wahlvorstand den neuen Betriebsrat zur ersten Sitzung ein und übergibt ihm die Wahlunterlagen.

Gut zu wissen: Vereinfachtes einstufiges Wahlverfahren

Das vereinfachte einstufige Wahlverfahren unterscheidet sich vom normalen Wahlverfahren nur insofern, als kürzere Fristen gesetzt werden. So muss der Wahlvorstand nur 4 statt 10 Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats eingesetzt werden. Außerdem muss das Wahlausschreiben unverzüglich nach Aufstellung der Wählerliste erlassen werden (Widersprüche sind dann nur noch innerhalb von 3 Tagen nach dem Erlass möglich).

Betriebsratswahl im vereinfachten zweistufigen Wahlverfahren:

  1. Da der Wahlvorstand nicht durch den Gesamtbetriebsrat, den Konzernbetriebsrat oder das Arbeitsgericht eingesetzt wird, muss er von mindestens 3 wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer Gewerkschaft gewählt werden. Erst danach wird der Betriebsrat gewählt. Die Einladung zur Wahlversammlung hat spätestens 7 Tage vor dem Termin zu erfolgen.
  2. Die wahlberechtige Belegschaft reicht ihre Kandidatenvorschläge ein – entweder schriftlich vor dem Termin oder mündlich während der Wahlversammlung.
  3. Der Arbeitgeber wird über die Wahlversammlung informiert und muss die Unterlagen für den Wahlvorstand in einem versiegelten Umschlag vorbereiten.
  4. Der Wahlvorstand wird gewählt und erhält seine Unterlagen. Danach stellt er eine nach Geschlechtern getrennte Liste der Wahlberechtigten für den Betriebsrat auf. Dabei hat er zu beachten, welches Geschlecht in der Unterzahl vertreten ist und wie viele Betriebsratssitze diesem mindestens zustehen müssen.
  5. Noch während der Versammlung erlässt der Wahlvorstand das Wahlausschreiben, prüft die vorläufigen Kandidatenvorschläge auf ihre Gültigkeit hin und macht sie anschließend im Betrieb bekannt (Einsprüche gegen die Wählerliste sind nur innerhalb von 3 Tagen nach dem Erlass möglich).
  6. Zwischen der Wahl des Wahlvorstands und der des Betriebsrats muss der Wahlvorstand über Einsprüche gegen die Wählerliste entscheiden – dafür hat er spätestens bis zum Tage vor der Betriebsratswahl Zeit.
  7. Die eigentliche Betriebsratswahl läuft dann genauso ab wie im normalen Wahlverfahren.

Sobald sich ein Betriebsrat formiert hat, müssen sich die Mitglieder auf eine Geschäftsordnung einigen und diese schriftlich festhalten. Das schreibt das Arbeitsrecht vor. Die Geschäftsordnung dient vor allem dazu, die verschiedenen Tätigkeitsbereiche des Betriebsrats zu strukturieren und unter Umständen auch einzelne Aufgaben und Zuständigkeiten an die Mitglieder zu verteilen.

Damit die Beschlussfähigkeit des Betriebsrats überhaupt gegeben ist, muss mindestens die Hälfte der Mitglieder anwesend sein. Erhält die Geschäftsordnung dann Stimmenmehrheit, kann sie verabschiedet werden. Danach beginnt sofort die wirksame Betriebsratsarbeit.

FAQ: Häufige Fragen zum Thema Betriebsrat

  • Gilt für den Betriebsrat ein besonderer Kündigungsschutz?

    Ja, Betriebsrät*innen stehen unter Sonderkündigungsschutz. Das heißt, sie dürfen nicht ordentlich gekündigt werden. Einzige Ausnahme: Der Betrieb muss zum Beispiel aus wirtschaftlichen Gründen stillgelegt werden. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (z.B. Arbeitsverweigerung, Straftat etc.) ist allerdings wie bei allen anderen Mitarbeiter*innen möglich.

     

  • Gilt die Arbeit im Betriebsrat als normale Arbeitszeit?

    Eigentlich nein. Das Betriebsratsmandat ist ehrenamtlich und wird dementsprechend nicht vergütet. Allerdings sieht das Gesetz vor, dass Betriebsräte für ihre Sondertätigkeiten von ihren arbeitsvertraglichen Verpflichtungen freizustellen sind. Negative Auswirkungen auf die Vergütung dürfen sich daraus nicht ergeben. Wenn sich die Aufgaben aus betriebsbedingten Gründen nicht während der normalen Arbeitszeit erledigen lassen, hat man in der Regel Anspruch auf eine bezahlte Arbeitsbefreiung. Findet kein Freizeitausgleich innerhalb von 4 Wochen statt, muss die Mehrarbeit vergütet werden.

     

  • Bin ich auch als Leiharbeiter wahlberechtigt?

    Ja, auch als Leiharbeiter*in sind Sie wahlberechtigt – vorausgesetzt, Sie arbeiten bereits länger als 3 Monate im Betrieb.