Probezeit in der Ausbildung
In einem Arbeitsverhältnis können Unternehmen und Mitarbeiter eine Probezeit vereinbaren, sie müssen es aber nicht. In einer Berufsausbildung sieht das anders aus: Wer einen Vertrag für eine Ausbildung unterschreibt, akzeptiert damit immer auch eine Probezeit, denn die ist für Ausbildungsverhältnisse verpflichtend.
Die rechtliche Grundlage: das Berufsbildungsgesetz (BBiG)
Paragraf 20 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) regelt die Probezeit in der Berufsausbildung. Konkret heißt es dort: „Das Berufsausbildungsverhältnis beginnt mit der Probezeit. Sie muss mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen.“ In dieser Zeit soll der neue Auszubildende in aller Ruhe prüfen können, ob der gewählte Beruf und das Unternehmen wirklich zu ihm passen. Aber auch der Ausbildungsbetrieb bekommt damit die Gelegenheit, den neuen Lehrling erst einmal richtig kennenzulernen – und kann sich gegebenenfalls schneller wieder trennen als das sonst möglich ist.
Grundsätzlich ist der Kündigungsschutz nämlich während der Probezeit bis auf wenige Ausnahmen ausgesetzt. Das ist auch deshalb relevant, weil nach der Probezeit für die Zeit der gesamten Ausbildung strengere Kündigungsschutzregeln gelten als zum Beispiel für einen Mitarbeiter im Arbeitsverhältnis. Sollte der Ausbilder dann feststellen, dass es doch nicht passt, wird es für ihn schwer, eine wirksame Kündigung auszusprechen. Das ist ohne Einhalten einer Kündigungsfrist nämlich nur noch aus „wichtigem Grund“ möglich (BBiG, §22, Absatz 2, Satz 1). Liegt ein solcher Grund nicht vor, kann nur der Auszubildende den Ausbildungsvertrag kündigen – etwa, wenn er die Ausbildung aufgeben oder sich in einem anderen Beruf ausbilden lassen will. In dem Fall muss er eine Kündigungsfrist von vier Wochen einhalten und die Kündigung begründen (BBiG, §22, Absatz 2, Satz 2). Der Ausbildungsbetrieb aber hat eine solche Gelegenheit nicht und ist deshalb auf die Probezeit angewiesen.
Fristlose Kündigung in der Probezeit
In der Probezeit können beide Parteien den Ausbildungsvertrag fristlos kündigen und zwar sogar ohne dafür Gründe zu nennen. Das bedeutet, wenn Lehrling oder Ausbilder am Montag die Kündigung einreichen, ist die Ausbildung ab Dienstag beendet. Das ist eine Besonderheit bei der Probezeit in Ausbildungen, denn wenn für ein Arbeitsverhältnis eine Probezeit vereinbart wird, hat diese immer eine Kündigungsfrist. Die ist zwar kürzer als die Frist nach der Probezeit, aber fristlos kündigen können Sie während der Probezeit nur in einer Berufsausbildung. Aber Achtung: Wirksam ist die Kündigung nur, wenn sie schriftlich erfolgt.
Ist der Auszubildende noch minderjährig, reicht es außerdem nicht, wenn er die Kündigung allein einreicht. In diesem Fall müssen auch die gesetzlichen Vertreter, also meist die Eltern, die Kündigung mit unterschreiben. Und auch das Unternehmen muss die Kündigung demjenigen gegenüber aussprechen, der den Ausbildungsvertrag unterschrieben hat – und auch das sind bei minderjährigen Auszubildenden meist die Eltern.
Doch auch wenn die fristlose Kündigung für beide Vertragsparteien vorgesehen ist, gibt es eine Einschränkung: Es gilt weiter das sogenannte Maßregelungsverbot für den Ausbilder. Der Ausbildungsbetrieb darf also nicht kündigen, nur weil der Auszubildende seine ihm zustehenden Rechte wahrnimmt. Wer sich also zum Beispiel weigert, am Samstag zu arbeiten und das mit den Regelungen im Jugendarbeitsschutzgesetz begründet, darf deshalb nicht gekündigt werden. Droht Ihr Arbeitgeber trotzdem mit einer Kündigung, halten Sie Rücksprache mit einem Anwalt über Ihr weiteres Vorgehen.
Kündigungsschutz in der Probezeit für Schwangere, Azubis mit Behinderung und Jugend- und Auszubildendenvertreter
Normalerweise gilt also: In der Probezeit kann einem Auszubildenden von heute auf morgen gekündigt werden. Ein Kündigungsschutz, wie er sonst besonders für Auszubildende vorgesehen ist, existiert noch nicht. Doch es gibt Ausnahmen von dieser Regel:
- Schwangere und Auszubildende in Mutterschutz und Elternzeit
- Mitglieder der Jugend- und Auszubildendenvertretung
- Auszubildende mit Behinderung
genießen einen besonderen Kündigungsschutz, der unter Umständen auch bereits in der Probezeit greift.
Wer in der Probezeit der Ausbildung schwanger wird, ist nicht verpflichtet, das dem Ausbildungsbetrieb direkt mitzuteilen. Werden Sie allerdings in der Probezeit gekündigt, sollten Sie das unverzüglich nachholen, denn nur, wenn der Arbeitgeber von der Schwangerschaft weiß, kann er auch den Kündigungsschutz nach dem Mutterschutzgesetz (MuSchG) beachten. Um den Kündigungsschutz zu beanspruchen, müssen Sie spätestens zwei Wochen nach Zugang der Kündigung gemeldet haben, dass Sie ein Kind erwarten. Während einer Schwangerschaft und bis zu vier Monate nach der Entbindung darf Ihr Arbeitgeber Sie dann nicht kündigen. Davon gibt es nur sehr wenige Ausnahmen, bei denen die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde die Kündigung explizit genehmigen muss.
Die Jugend- und Auszubildendenvertretung (JAV) vertritt die Interessen aller Arbeitnehmer unter 18 und der Auszubildenden bis 25 Jahre, die im Unternehmen beschäftigt sind. Sie kann in jedem Betrieb eingerichtet werden, in dem mindestens fünf minderjährige Angestellte oder Lehrlinge unter 25 arbeiten. Wer in die JAV gewählt wird, genießt Kündigungsschutz während der Amtszeit, die in der Regel zwei Jahre dauert. Auch im Jahr nach Ende der Amtszeit darf ihm nicht gekündigt werden. Ausnahmen davon sind nur möglich, wenn ein Grund für eine außerordentliche Kündigung vorliegt. Aber selbst in diesem Fall muss der Betriebsrat beziehungsweise im Streitfall später das Arbeitsgericht der Kündigung zustimmen.
Wer einen schwerbehinderten Auszubildenden kündigen will, braucht dafür in der Regel die Zustimmung des Integrationsamtes. Das gilt allerdings erst nach sechsmonatiger Betriebszugehörigkeit. Aber auch in der Probezeit sind schwerbehinderte Auszubildende besonders geschützt. So muss der Arbeitgeber bei einer beabsichtigten Kündigung das Integrationsamt zumindest informieren, so dass dieses geeignete Maßnahmen ergreifen kann, die eine Weiterbeschäftigung unter Umständen doch noch möglich machen.
Probezeit in der Ausbildung verlängern oder verkürzen? Nur in Ausnahmefällen möglich
Das Berufsbildungsgesetz sieht eine Verlängerung oder Verkürzung der Probezeit nicht explizit vor. Möglich ist beides trotzdem, aber nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen.
So kann die Probezeit in der Ausbildung auf mehr als die vorgesehenen vier Monate verlängert werden, wenn der Auszubildende zum Beispiel lange krank war. Wenn Sie durch eine Erkrankung mehr als ein Drittel der Probezeit verpassen, kann das Unternehmen die Probezeit also unter Umständen verlängern. Das muss aber nicht unbedingt nachteilig sein. Das Unternehmen erhält sich damit die Chance, Sie doch noch in Ruhe kennenzulernen. Ohne diese Chance würde der Betrieb vielleicht lieber auf Nummer sicher gehen und die Kündigung aussprechen, wenn noch nicht ganz klar ist, ob Sie zum Unternehmen passen.
Sie können mit Ihrem Unternehmen auch eine kürzere Probezeit vereinbaren. So kann die Probezeit weniger als vier Monate betragen, wenn Sie zum Beispiel schon vor Beginn der Ausbildung in dem Unternehmen gearbeitet und dabei Aufgaben übernommen haben, die so ähnlich auch in der Ausbildung auf Sie zukommen. Ein vorangegangenes Praktikum kann diese Bedingung ebenso erfüllen wie ein Job in den Ferien oder ähnliches. Aber Achtung: Auch wenn das Unternehmen einer Verkürzung der Probezeit zustimmt, ist es nicht möglich, ganz auf sie zu verzichten. Die Mindestdauer von einem Monat darf in einem Ausbildungsvertrag nicht unterschritten werden.