Probearbeit vs. Probezeit: Das müssen Sie beachten

Das Bewerbungsgespräch lief gut, Sie hoffen auf eine Zusage. Doch als der Anruf endlich kommt, bietet Ihnen der neue Chef keinen Job an, sondern lädt Sie erstmal zum Probearbeiten ein. Diese Probearbeit ist nicht zu verwechseln mit der Probezeit. Worin die Unterschiede liegen und was Sie beachten sollten, wenn Sie die Einladung annehmen, erklären wir hier.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Die wichtigsten Fakten zur Probearbeit

Probezeit oder Probearbeit – wo liegt der Unterschied?

Die Probezeit, das sind in der Regel die ersten sechs Monate eines Arbeitsverhältnisses. Diese Dauer kann aber variieren und Arbeitgeber und Arbeitnehmer können auch ganz auf eine Probezeit verzichten. Inzwischen ist sie aber in den meisten Unternehmen Standard. Wichtig für die Abgrenzung zur Probearbeit ist, dass Sie in der Probezeit immer als vollwertiger Arbeitnehmer angestellt sind – egal, ob Sie einen befristeten oder unbefristeten Arbeitsvertrag haben. Sie müssen den Anweisungen Ihres Arbeitgebers folgen, Arbeitsleistungen erbringen und erhalten dafür ein Gehalt oder Lohn.

Das alles gibt es in der Probearbeit nicht. Rein rechtlich gilt sie nämlich nicht als Arbeits-, sondern als sogenanntes Einfühlungsverhältnis. Sie dauert nur wenige Stunden, maximal Tage, und soll Ihnen helfen, sich ein besseres Bild vom Unternehmen und den Aufgaben zu machen, die Sie in dem Job erwarten würden. Gleichzeitig will natürlich der Arbeitgeber die Gelegenheit nutzen, herauszufinden, ob Sie zum Betrieb passen und der Arbeit gewachsen sind.

 

Probearbeit

  • dauert maximal einige Tage
  • nur „schnuppern“ in Betrieb und Aufgaben
  • keine Bezahlung bzw. lediglich eine Aufwandsentschädigung
  • Arbeitgeber kann sein Hausrecht ausüben, ist Ihnen gegenüber darüber hinaus aber nicht weisungsbefugt
  • Sie sind nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet, sondern sollen lediglich „mitlaufen“, um das Unternehmen kennenzulernen. Teilaufgaben dürfen und sollen Sie übernehmen
  • Probearbeit ist weder steuer-, noch sozialversicherungspflichtig
  • kann auch ohne schriftliche Absprache vereinbart werden

Probezeit

  • dauert bis zu sechs Monate
  • Sie sind als vollwertiger Angestellter beschäftigt.
  • Während der Probezeit erhalten Sie ohne besondere Abzüge Lohn oder Gehalt.
  • Ihr Arbeitgeber ist Ihnen gegenüber voll weisungsbefugt. Sie müssen sich an seine Anweisungen halten.
  • Sie sind zur Arbeitsleistung in dem Umfang verpflichtet, der im Arbeitsvertrag geregelt ist.
  • Ihr Arbeitgeber muss für Sie Beiträge zur Sozialversicherung und Lohnsteuer abführen.
  • muss im Arbeitsvertrag geregelt werden.

 

Rechte und Pflichten während der Probearbeit

In der Praxis kommt es vor, dass Arbeitgeber die Probearbeit ausnutzen, um billig – oder vielmehr kostenlos – an Arbeitskräfte zu kommen. Gedacht ist das sogenannte Einfühlungsverhältnis aber anders: Beide Seiten sollen die Gelegenheit bekommen, sich vor Abschluss eines Arbeitsvertrages, besser kennenzulernen. Deshalb ist das wichtigste Kriterium dafür auch, dass Sie nicht weisungsgebunden und nicht zur Arbeit verpflichtet sind.

Natürlich darf der Arbeitgeber Ihnen am Probearbeitstag einzelne Aufgaben aus dem Arbeitsgebiet übertragen, für das Sie sich beworben haben. Wie sonst soll er feststellen, ob Sie wirklich können, was Sie im Bewerbungsgespräch versprochen haben? Er darf Sie während der Probearbeit aber nicht als Ersatz für eine vollwertige Arbeitskraft einsetzen und Sie haben das Recht, die Arbeit jederzeit zu verweigern.

Einen Anspruch auf Vergütung können Sie dagegen nicht geltend machen, wenn Sie zur Probearbeit antreten. Der Arbeitgeber kann Ihnen zwar eine Aufwandsentschädigung zahlen oder zum Beispiel die Fahrtkosten übernehmen, Lohn oder Gehalt steht Ihnen aber nicht zu – auch dann nicht, wenn Sie mehrere Tage zur Probe arbeiten.

Dafür kann der Arbeitgeber aber auch keine weiteren Ansprüche an Sie stellen. Sie sind wie bereits erwähnt nicht verpflichtet, in der Zeit auch zu arbeiten und der Arbeitgeber kann Ihnen auch sonst keine Weisungen erteilen. Und das aus gutem Grund. Verstößt er gegen diese Regeln, kann aus der geplanten Probearbeit nämlich ein reguläres Arbeitsverhältnis werden.

Probearbeit kann ungewollt zum regulären Arbeitsverhältnis werden

Die Grenzen zwischen einem Einfühlungs- und einem Arbeitsverhältnis sind manchmal fließend. Arbeitgeber tun aber gut daran, sie penibel zu beachten, denn andernfalls wird aus der Probearbeit unversehens und vor allem ungewollt ein reguläres Arbeitsverhältnis.

Gerichte bewerten eine angebliche Probearbeit meist als reguläres Arbeitsverhältnis, wenn beispielsweise mehrere dieser Kriterien erfüllt sind:

  • Die Probearbeit dauert ohne stichhaltigen Grund länger als einen Tag (Ein stichhaltiger Grund für eine mehrtägige Probearbeit wäre zum Beispiel, wenn bestimmte Aufgaben, die der Bewerber als Angestellter übernehmen sollte, nur an einzelnen Tagen anfallen. In dem Fall kann es legitim sein, den Bewerber an mehreren Tagen zum Probearbeiten zu bitten, damit er sich wirklich ein umfassendes Bild von seinen Aufgaben machen kann.)
  • Der Bewerber ist dem Weisungsrecht des Arbeitgebers unterworfen. Das kann sich äußern, indem er fest in Dienstpläne eingebunden ist, also zu festen Arbeitszeiten anwesend sein soll. Auch die Weisung, eigenständig konkrete Arbeiten zu übernehmen und abzuschließen, statt nur „Kollegen zu helfen“ beziehungsweise Arbeitsabläufe zu beobachten, kann ein Indiz sein. Ebenso die Verpflichtung, Dienstkleidung zu tragen oder vorgegebene Pausenzeiten einzuhalten.
  • Der Bewerber erhält eine Vergütung für die Probearbeit und dabei ist NICHT klar formuliert, dass es sich dabei lediglich um eine Aufwandsentschädigung und nicht um eine Vergütung von Arbeitsleistung handelt.

Treffen Kriterien wie diese auf Ihre Probearbeitstage zu, sollten Sie von einem Experten für Arbeitsrecht prüfen lassen, ob tatsächlich ein reguläres Arbeitsverhältnis vorliegt. Das muss nämlich nicht zwingend schriftlich vereinbart werden. Auch mündlich oder durch sogenanntes konkludentes Handeln kann ein Arbeitsvertrag zustande kommen.

“Konkludentes Handeln“ meint in diesem Fall das Verhalten des Arbeitgebers. Behandelt er Sie wie oben beschrieben wie einen regulären Arbeitnehmer, geht die Rechtsprechung davon aus, dass er damit stillschweigend auch sein Einverständnis zu einem Arbeitsvertrag erklärt hat.

In diesem Fall ist mit dem Probearbeiten sogar ein unbefristeter Arbeitsvertrag zustande gekommen, denn für befristete Arbeitsverträge gelten Sonderregeln nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz. Demnach müssten befristete Verträge im Gegensatz zu unbefristeten zwingend schriftlich abgeschlossen werden. Da kein schriftlicher Vertrag vorliegt, gehen die Gerichte in diesen Fällen also von einem unbefristeten Arbeitsverhältnis aus. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber Ihnen nicht nur Lohn beziehungsweise Gehalt zahlen, sondern darüber hinaus auch die Kündigungsfristen einhalten muss.

Und auch hier gilt: Ohne einen schriftlichen Vertrag gibt es auch keine Probezeit, denn die muss zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber separat vereinbart werden. Damit greifen auch die kürzeren Kündigungsfristen für die Probezeit in diesem Fall nicht. Stattdessen muss der Arbeitgeber die Kündigungsfristen aus § 622 Bürgerliches Gesetzbuch einhalten und dort heißt es: „Das Arbeitsverhältnis eines Arbeiters oder eines Angestellten (Arbeitnehmers) kann mit einer Frist von vier Wochen zum Fünfzehnten oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.“ Der Arbeitgeber müsste Ihnen in diesem Fall also noch mindestens vier Wochen das volle Gehalt zahlen.

Steuer, Versicherung – Wer zahlt was während der Probearbeit?

Ein echtes Einfühlungsverhältnis ist kein Arbeitsverhältnis. Entsprechend gelten auch die üblichen steuer- und versicherungsrechtlichen Regelungen nicht. Während der Probearbeit muss der Arbeitgeber Sie weder bei der Sozialversicherung anmelden, noch müssen Sie Lohnsteuer abführen, denn Sie erhalten in der Regel ja keine Vergütung.

Bis August 2019 waren Sie nicht gesetzlich unfallversichert, wenn Ihnen während der Probearbeit etwas passiert ist. Die gesetzliche Unfallversicherung griff nur dann, wenn sich später herausstellte, dass die Probearbeit eigentlich ein Arbeitsverhältnis war oder wenn Sie bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitssuchend gemeldet waren und diese Sie an einen Arbeitgeber vermittelt hat.

Mit einem Urteil vom 20.08.2019 entschied das Bundessozialgericht (BSG) jedoch, dass auch Probearbeitstage gesetzlich unfallversichert sind (Az. B 2 U 1/18 R). In dem Fall, über den das Gericht entscheiden musste, hatte sich ein Mann durch einen Sturz von einem LKW verletzt. Das BSG befand: Auch wenn der Mann sich nicht in einem Arbeitsverhältnis befand, übte er eine Tätigkeit aus, die dem Unternehmen diente, und erbrachte damit wirtschaftlichen Wert für das Unternehmen. Weil der Probearbeitstag nicht nur im Interesse des Bewerbers stattfand, war er als sogenannter „Wie-Beschäftigter“ tätig und deshalb gesetzlich unfallversichert. Schließlich hatte nicht nur der Bewerber nach einem passenden Arbeitsplatz, sondern auch das Unternehmen nach einem geeigneten Mitarbeiter gesucht.

Das heißt: Die gesetzliche Unfallversicherung greift beim Probearbeiten – ganz gleich, ob Sie nur für einige Stunden oder einen gesamten Tag in das Unternehmen schnuppern.

Aber was geschieht, wenn Sie während der Probearbeit versehentlich etwas kaputt machen? Je nach Branche und Unternehmen haben Sie es eventuell mit komplexen und teuren Maschinen zu tun. Tatsächlich müssen Sie bei einem Einfühlungsverhältnis selbst haften, wenn Sie Eigentum des Unternehmers beschädigen. Eine Private Haftpflichtversicherung springt in diesen Fällen ein – wenn Sie eine haben.

Probearbeit schriftlich regeln

Damit die Probearbeit für beide Seiten ein Erfolg wird und im besten Fall in einem Arbeitsvertrag mündet, kann es hilfreich sein, die Bedingungen schriftlich festzuhalten. Notieren Sie genau, was beide Seiten von den Probetagen erwarten und fixieren Sie auch, was gerade nicht erwartet wird (Arbeitsverpflichtung, Vergütung). Eine solche Absprache ist zwar für ein Einfühlungsverhältnis nicht vorgeschrieben, sorgt aber für Klarheit.

In einem Rechtstreit nützen schriftliche Regelungen aber nur, wenn beide Seiten die Vereinbarungen auch wirklich einhalten. Steht im Vertrag, dass der Bewerber nicht verpflichtet ist, zu einer bestimmten Uhrzeit anwesend zu sein, kann der Arbeitgeber nicht später fordern, dass der Bewerber um 8 Uhr erscheinen soll. In diesen Fällen beurteilen Gerichte, was wirklich geschehen ist und nicht, was auf dem Papier stand. Dann ist es auch egal, wie der Arbeitgeber die Vereinbarung überschrieben hat. Er kann Sie „Vereinbarung zum Einfühlungsverhältnis“ nennen, so oft er will – wenn er durch sein Verhalten in Wirklichkeit ein Arbeitsverhältnis begründet hat, wird das Gericht das auch so feststellen. Wichtig ist stets, was am Probearbeitstag wirklich passiert ist.

Deshalb ist es auch empfehlenswert, die Probearbeit für sich zu dokumentieren. Notieren Sie, welche Tätigkeiten der Arbeitgeber Ihnen übertragen hat, welche Vorschriften und Weisungen Sie erhalten. Aber schreiben Sie ruhig auch auf, welche Möglichkeiten man Ihnen eingeräumt hat, das Unternehmen und die Arbeit tatsächlich kennenzulernen, wie es eigentlich Zweck eines Einfühlungsverhältnisses ist. Zwar wünschen wir Ihnen, dass Sie diese Notizen nicht brauchen, weil der Arbeitgeber Ihnen nach der Probearbeit einen Arbeitsvertrag anbietet. Im schlimmsten Fall aber kann dieses Protokoll hilfreich sein, wenn tatsächlich ein Arbeitsgericht prüfen soll, ob Sie zur Probearbeit gebeten wurden oder doch schon in einer Probezeit waren.

Probearbeit: Beratung durch einen Anwalt

Ob durch Ihre Probearbeit ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist oder nicht, hängt allerdings von so vielen, verschiedenen Kriterien ab, dass eine Einschätzung immer nur für jeden Fall einzeln möglich ist. Nutzen Sie dafür am besten zeitnah die Beratung durch einen Anwalt für Arbeitsrecht - zum Beispiel über die Telefon- oder E-Mail-Beratung der selbstständigen Kooperationsanwälte der Deutschen Anwaltshotline.

 


Rechtsberatung für Arbeitsrecht

Telefonieren Sie sofort mit einem Anwalt oder einer Anwältin und stellen Sie Ihre individuelle Frage.

  • Beratung speziell für Arbeitsrecht
  • Erfahrene Anwälte beraten Sie
  • 1,99€/Min aus dem deutschen Festnetz

Telefonanwalt werden

Werden Sie selbstständiger Kooperationsanwalt der DAHAG Rechtsservices AG:

  • Krisensicherer Honorarumsatz
  • Rechtsberatung per Telefon
  • Homeoffice