Gehaltsrückforderung: Was darf Ihr Chef zurückfordern?
Als Faustregel gilt: Wer zu Unrecht etwas erhält, muss es auch wieder zurückgeben. Eine Gehaltsrückforderung ist jedoch nicht immer rechtens. Lesen Sie hier, wann Ihr Arbeitgeber Gehalt von Ihnen zurückfordern kann und was Sie am Ende sogar selbst behalten dürfen.
Gehaltsrückforderung: Das Wichtigste im Überblick
- Darf mein Arbeitgeber zu viel gezahltes Gehalt zurückfordern? Ja, wenn Sie sich durch die Mehreinahmen bereichert haben.
- Was darf ich behalten? Zehn Prozent des Grundgehalts gelten als geringfügig. Sie müssen daher nicht beweisen, dass Sie sich nicht bereichert haben.
- Wie lange darf mein Arbeitgeber Gehalt zurückfordern? In der Regel verjährt der Rückforderungsanspruch nach drei Jahren.
Wann kann mein Arbeitgeber Gehalt zurückfordern?
Sollte Ihrem Arbeitgeber auffallen, dass er Ihnen zu viel Gehalt bezahlt hat, kann er dieses Geld wieder zurückfordern. Allerdings ist das nicht so einfach, denn er muss dafür zwei konkrete Dinge beachten:
Zum einen kann in der Regel eine Leistung – also das zu viel bezahlte Gehalt – dann nicht zurückgefordert werden, wenn Ihr Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Auszahlung des Gehalts wusste, dass Sie hierauf keinen Anspruch hatten. Das betrifft zum Beispiel Zuschläge, wie zum Beispiel den Sonntagszuschlag oder den Nachtzuschlag, obwohl Sie Urlaub hatten und somit eigentlich keine Zulage bekommen hätten.
Zum anderen kann zu viel gezahlter Lohn dann nicht zurückgefordert werden, wenn Sie als Mitarbeiter davon ausgehen durften, dass Ihnen der Lohn in dieser Höhe zusteht und Sie sich auf Entreicherung berufen. Sie also vorbringen, Sie haben das Geld schon für Luxusartikel, die Sie sich sonst nicht gegönnt hätten, verbraucht. Allerdings gilt das nicht für Vermögenswerte. Haben Sie also den Gehaltsüberschuss in einen neuen Fernseher investiert, verfügen Sie streng genommen noch über den Wert des Geldes. Sind sie stattdessen ganz mondän in den Urlaub gefahren, ist das Geld weg und kann nicht mehr zurückgefordert werden.
Gut zu wissen: Treuepflicht des Arbeitnehmers
Sie müssen zu viel gezahltes Gehalt unverzüglich zurückzahlen, wenn Ihnen bewusst ist, dass Sie zu viel Geld erhalten haben. Tun Sie das nicht, verstoßen Sie gegen Ihre Treuepflicht als Arbeitnehmer. Sie können sich dann auch nicht auf Entreicherung berufen. Allerdings hat das Landesarbeitsgericht Niedersachsen festgelegt, dass Mitarbeiter*innen nicht jeden Monat ihre Abrechnungen überprüfen müssen (Az. 9 Sa 1560/06). Auch kann eine Rückforderung im Einzelfall gegen Treu und Glauben oder gegen tarifliche Ausschlussfristen verstoßen. Problematisch ist oftmals auch, dass der Arbeitgeber meist am längeren Hebel sitzt, denn er kann den strittigen Betrag einfach vom nächsten Lohn einbehalten. Das ist zwar grundsätzlich nicht erlaubt, allerdings wissen Arbeitgeber, dass sich der Arbeitnehmer in der Regel scheuen wird, in einem bestehenden Arbeitsverhältnis gegen den Arbeitgeber zu klagen. Schließlich riskiert er dabei seinen Job.
Wie lange kann mein Arbeitgeber Gehalt zurückfordern?
Wie lange das Rückforderungsrecht des Arbeitgebers gültig ist, hängt stark davon ab, ob Sie sich in einem tarifgebundenen Arbeitsverhältnis befinden oder nicht. Das gilt auch dann, wenn Ihr Arbeitgeber das Gehalt „unter Vorbehalt“ bezahlt. Denn das schließt die tariflichen Verfallsfristen nicht aus.
Besteht kein Tarifvertrag gilt Folgendes: Der Anspruch auf die Rückzahlung des zu viel überwiesenen Gehalts verjährt in der Regel drei Jahre ab dem Jahr der Kenntnis. Das bedeutet: Wenn Ihrem Arbeitgeber am 10.04.2016 auffällt, dass er Ihnen am Anfang des Monats zu viel Geld gezahlt hat, darf er dieses bis zum 31.12.2019 zurückfordern. Tut er das nicht, verfällt der Anspruch. In vielen Arbeitsverträgen sind außerdem Ausschlussfristen vereinbart, nach denen der Anspruch meist schon nach einem Jahr verfällt.
Muss ich den Brutto- oder den Nettolohn zurückerstatten?
Bei der Frage, ob das zu viel gezahlte Gehalt vor oder nach dem Abzug von Steuern zurückbezahlt werden soll, gibt es keine eindeutige Gesetzeslage. Allerdings ist es zumeist so, dass Arbeitnehmer nur den überschüssigen Nettobetrag zurückzahlen müssen. Schließlich sollten Sie nicht mehr zurückzahlen müssen, als Sie tatsächlich erhalten haben.
Was die dann bereits gezahlten Steuern und Sozialversicherungsbeiträge angeht, so muss sich der Arbeitgeber selbst darum kümmern, diese zurückzuerhalten. Die deutschen Gerichte unterstützen diese Sichtweise, eine Klage auf Rückerstattung des Bruttolohnes hätte wohl keine Aussichten auf Erfolg.