Nachweisgesetz: Was tun, wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegt?

Das Nachweisgesetz (NachwG) ist eines der wohl unbekanntesten und zugleich umstrittensten Gesetze im Arbeitsrecht. Es soll Sicherheit für Arbeitnehmer bieten, die mit ihrem Chef nur einen mündlichen Arbeitsvertrag geschlossen haben. Zum 01. August 2022 wurde es reformiert. So drohen dem Arbeitgeber jetzt auch Sanktionen, wenn er seinen Pflichten nicht nachkommt. Weshalb es für Sie von Vorteil ist, die Regelungen des Nachweisgesetzes zu kennen, erfahren Sie hier!

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Nachweisgesetz: Das Wichtigste in Kürze

Was besagt das Nachweisgesetz?

Das Nachweisgesetz trat 1995 in Kraft und ist die Reaktion des Gesetzgebers auf Vorgaben des Europarechts. Mit der Nachweisrichtlinie RL 91/533/EWGsoll für mehr Sicherheit in Arbeitsverhältnissen gesorgt werden – vor allem dann, wenn kein schriftlicher Arbeitsvertrag vorliegt.

In Deutschland herrscht Vertragsfreiheit, weshalb ein mündlicher Arbeitsvertrag grundsätzlich kein Problem ist. Kommt es in diesem Fall allerdings zu einen Rechtsstreit, steht häufig Aussage gegen Aussage und nicht selten zieht der Arbeitnehmer dann den Kürzeren. Um derartige Situationen zu vermeiden, wurde das Nachweisgesetz ins Leben gerufen. Demnach muss der Arbeitgeber seinen Angestellten mit mündlichem Arbeitsvertrag ein von ihm unterzeichnetes Dokument aushändigen, in dem allgemeine Rahmenbedingungen schriftlich festgehalten werden. Das Nachweisgesetz gilt für alle Arbeitnehmer - also auch für Teilzeitkräfte und Minijobber - mit Ausnahme von Aushilfskräften, die für einen Zeitraum von weniger als einem Monat eingestellt werden.

Auch wenn die Arbeitsbedingungen sich im Laufe der Zeit ändern, muss der Arbeitgeber Ihnen als Arbeitnehmer einen schriftlichen Nachweis über die geänderten Konditionen aushändigen. Und zwar spätestens an dem Tag, an dem die Änderungen in Kraft treten (§ 3 NachwG).

Hat ein Arbeitsverhältnis bereits vor dem 01.08.2022 begonnen, müssen Arbeitgeber den Nachweis nur aushändigen, wenn der Arbeitnehmer ihn einfordert. Am eigentlichen Arbeitsvertrag ändert sich nichts. Bei allen Neueinstellungen ab 01. August 2022 müssen Arbeitgeber den Nachweis unaufgefordert vorlegen.

Was muss im Nachweis stehen?

§ 2 Nachweisgesetz definiert ganz klar, welche Angaben in der Niederschrift der Arbeitsbedingungen nicht fehlen dürfen. Das sind:

  • Name und Anschrift beider Vertragsparteien
  • Beginns des Arbeitsverhältnisses
  • Bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die voraussichtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses
  • Arbeitsort(e)
  • Kurze Charakterisierung oder Beschreibung der zu leistenden Tätigkeit
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts (einschließlich Zulagen, Prämien und andere Sonderzahlungen sowie deren Fälligkeit)
  • Vereinbarte Arbeitszeit
  • Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
  • Kündigungsfristen
  • Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, wenn diese auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind

Seit 01.08.2022 kommen dank der neuen EU-Richtlinie für mehr Transparenz und Vorhersehbarkeit bei Arbeitsbedingungen folgende Angaben hinzu:

  • Konkretes Enddatum bei befristeten Arbeitsverträgen
  • Hinweis auf freie Wahl des Arbeitsortes durch den Arbeitnehmer, sofern vereinbart
  • Konkrete Dauer der Probezeit, sofern vereinbart
  • Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich sämtlicher Bestandteile wie Zuschläge, Prämien oder Sonderzahlungen sowie Fälligkeit und Art der Auszahlung
  • Vergütung von Überstunden
  • Vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten
  • Bei vereinbarter Schichtarbeit: Schichtsystem, -rhythmus und die Voraussetzungen für Änderungen
  • Ggf. Anspruch auf Fortbildungen
  • Details zu Arbeit auf Abruf, sofern vereinbart
  • Name und Anschrift des Versorgungsträgers, sofern der Arbeitgeber eine betriebliche Altersvorsorge vorsieht
  • Kündigungsfrist und -verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage

Gut zu wissen: Für den Nachweis gilt die Schriftform! Das bedeutet, dass ein elektronischer Nachweis unwirksam ist. Schickt Ihr Arbeitgeber Ihnen also nur eine E-Mail, sollten Sie ihn direkt darauf ansprechen und einen schriftlichen und von ihm unterzeichneten Nachweis fordern.

Weigert sich Ihr Arbeitgeber Ihnen einen schriftlichen Nachweis auszuhändigen, können Sie diesen prinzipiell auch einklagen. In der Realität kommt dies allerdings eher selten vor, da ein Rechtsstreit das Arbeitsverhältnis schon von Beginn an stark belastet. Suchen Sie deshalb am besten das offene Gespräch mit Ihrem Chef und weisen Sie ihn auf seine gesetzlichen Pflichten hin!

Welche Konsequenzen drohen bei einem Verstoß gegen das Nachweisgesetz?

Bisher war das Nachweisgesetz stark umstritten, da das Gesetz keine Strafen für Arbeitgeber vorsah, die ihrer Pflicht nicht nachkommen. Mit der Reform des Gesetzes werden Verstöße als Ordnungswidrigkeit behandelt und können mit Bußgeldzahlungen von bis zu 2.000 Euro pro Verstoß geahndet werden.

Auf die Wirksamkeit des Arbeitsvertrages hat es keine Auswirkungen, sollte der Nachweis fehlen. Der Vertrag an sich hat weiterhin Bestand.

Beispielurteil: Arbeitgeber weist nicht auf Tarifvertrag hin

Ein Fall aus der Praxis illustriert, wie sich ein Verstoß gegen das Nachweisgesetz positiv für den Arbeitnehmer auswirken kann:

Im Jahr 2002 klagte eine Lehrerin, weil ihr Arbeitgeber ihr noch Lohn schuldig war. Der Arbeitgeber weigerte sich jedoch, diesen auszuzahlen. Er berief sich darauf, dass für das Arbeitsverhältnis der Klägerin ein Tarifvertrag mit Ausschlussfrist gelte. Dementsprechend würden beiderseitige Ansprüche nach sechs Monaten verfallen. Die Lehrerin wusste jedoch nichts von dem Tarifvertrag, weil sie keinen schriftlichen Arbeitsvertrag hatte, der darauf hinweist. Auch den schriftlichen Nachweis gemäß Nachweisgesetz hat der Arbeitgeber ihr nie ausgehändigt. Das Bundesarbeitsgericht stellte sich somit auf die Seite der Klägerin: Der Arbeitgeber hat gegen seine Pflicht verstoßen und die Lehrerin nie in angemessener Form über den Tarifvertrag informiert. Er musste ihr den ausstehenden Lohn auszahlen (BAG-Urteil vom 17. April 2002, Az. 5 AZR 89/01).

 


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