Betriebliche Altersvorsorge (bAV): Lohnt sich das?
Wer im Alter einigermaßen sorgenfrei leben will, kann sich heute nicht mehr allein auf die gesetzliche Rente verlassen. Eine wichtige Rolle spielt auch die betriebliche Altersvorsorge. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz soll die Betriebsrente nun stärker fördern.
- bAV: Bessere Bedingungen für Geringverdiener
- Arbeitgeber muss Zuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge zahlen
- Sozialpartnermodell: betriebliche Altersvorsorge per Tarifvertrag
- Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben sparen
- Höherer Zuschuss zur Riesterrente
- Freibeträge in der Grundsicherung
- Aufklärung durch Rentenversicherungsträger
Noch vor einigen Jahrzehnten galt: Wer sein Leben lang gearbeitet und in die Sozialversicherung eingezahlt hat, kann seinen Lebensstandard auch mit der gesetzlichen Rente halten. Das ist allerdings längst passé: Die gesetzliche Rente reicht allein nicht aus, um ein sorgenfreies Alter zu finanzieren. Der Gesetzgeber sieht inzwischen eine Altersvorsorge vor, die sich auf drei Säulen stützt: Die gesetzliche Rente sowie die private und die betriebliche Altersvorsorge. Damit möglichst viele Arbeitnehmer auf diese Weise für das Alter vorsorgen, schaffen eine Reihe unterschiedlicher Gesetze Anreize für die private und betriebliche Altersvorsorge. Das reicht von Steuererleichterungen bis zu konkreten Zuschüssen, wenn im Jahr ein bestimmter Betrag angespart wird.
In diese Kerbe schlägt auch das Betriebsrentenstärkungsgesetz, das seit Anfang 2018 in Kraft ist. Seit 2019 muss der Arbeitgeber die betriebliche Altersvorsorge ermöglichen und diese auch aktiv - etwa durch Zuschüsse - unterstützen. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz soll zum einen dafür sorgen, dass noch mehr Arbeitnehmer über eine betriebliche Rente vorsorgen und zum anderen sollen vor allem Geringverdiener unterstützt werden, die sich eine zusätzliche Altersabsicherung sonst schlicht nicht leisten könnten.
bAV: Bessere Bedingungen für Geringverdiener
Als Geringverdiener gilt in diesem Fall, wer nicht mehr als 2.200 Euro monatlich verdient. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz stellt Arbeitgebern Vergünstigungen in Aussicht, wenn Sie diese Mitarbeiter bei einer betrieblichen Altersvorsorge unterstützen. Zahlt der Arbeitgeber zusätzlich zum Arbeitslohn mindestens 240 Euro im Jahr für eine betriebliche Altersvorsorge seines Mitarbeiters, erhält er eine staatliche Förderung. Insgesamt bekommt er 30 Prozent des gesamten zusätzlichen Arbeitgeberbeitrags zur betrieblichen Altersversorgung als Förderbetrag. So beträgt der Bonus pro Jahr mindestens 72 Euro. Mehr als 144 Euro im Jahr wird aber nicht als Förderung gezahlt. Das Geld kann der Arbeitgeber von der Lohnsteuer des Arbeitnehmers, die er ans Finanzamt abführt, einbehalten. Fällt die Lohnsteuer niedriger aus als die zustehende Förderung, kann sich der Arbeitgeber den Mehrbetrag von der Finanzverwaltung auszahlen lassen. Auf diese Weise sollen Arbeitgeber motiviert werden, auch Geringverdienern eine betriebliche Altersvorsorge zu ermöglichen.
Arbeitgeber muss Zuschuss zur betrieblichen Altersvorsorge zahlen
Wer seit dem 1.1.2019 einen neuen Vertrag zur betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen hat, kann sich über einen Zuschuss vom Arbeitgeber freuen.
Das gilt allerdings nur dann, wenn die betriebliche Altersvorsorge per Entgeltumwandlung bedient wird. Das heißt: Der Arbeitgeber führt einen bestimmten Betrag vom Lohn seines Angestellten direkt an die Pensionskasse, den Pensionsfond oder die Direktversicherung ab, bei denen die Betriebsrente angespart wird. Liegt das Gehalt des Arbeitnehmers dabei unter der Beitragsbemessungsgrenze für die Deutsche Rentenversicherung (2022: 84.600 Euro im Jahr im Westen, 81.000 Euro im Jahr im Osten), spart Ihr Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge. Doch diese Ersparnis soll der Arbeitgeber an seine Angestellten weiterreichen. Deshalb ist er nach dem Betriebsrentenstärkungsgesetz verpflichtet, 15 Prozent des Betrags, der per Entgeltumwandlung angespart wird, als zusätzlichen Zuschuss in die betriebliche Altersversorgung des Angestellten einzuzahlen. So sparen Sie als Arbeitnehmer also mehr für die Altersvorsorge an, ohne selbst mehr Geld investieren zu müssen.
Ein Beispiel: Frau H. will 100 Euro pro Monat per Entgeltumwandlung in eine betriebliche Rente einzahlen. Ihr Vertrag beginnt am 1.1.2019. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, den Zuschuss von 15 % zu zahlen, das sind 15 Euro. Frau H. kann also selbst 100 Euro vom Gehalt ansparen, zahlt durch den Arbeitgeberzuschuss insgesamt aber 115 Euro monatlich in die Betriebsrente ein. Achtung: Für Entgeltumwandlungsverträge, die bereits vor dem 1.1.2019 bestanden, muss der Arbeitgeber diesen Zuschuss erst ab 2022 zahlen. Das gilt nicht, wenn die betriebliche Altersvorsorge durch das sogenannte Sozialpartnermodell geregelt wird.
Neu seit 2022: Arbeitgeberzuschuss auch für bAV-Altverträge
Seit dem 1. Januar 2022 muss der Arbeitgeber auch Entgeltumwandlungen mit 15 Prozent bezuschussen, die vor 2019 abgeschlossen wurden.
Sozialpartnermodell: betriebliche Altersvorsorge per Tarifvertrag
Das Sozialpartnermodell sieht vor, dass die Tarifvertragsparteien die betriebliche Altersvorsorge in einem Tarifvertrag regeln dürfen. Tarifvertragsparteien sind dabei die Arbeitgeberverbände auf der einen Seite und die Gewerkschaften als Arbeitnehmervertreter auf der anderen. Nutzen diese Sozial- oder Tarifpartner die Möglichkeit, eine Betriebsrente tariflich zu regeln, hat das zwei wichtige Vorteile:
- Für die Arbeitgeber: Das Betriebsrentenstärkungsgesetz schafft damit erstmals die Möglichkeit, dass Arbeitgeber eine Betriebsrente anbieten, ohne für eine garantierte Höhe der Renten zu haften. Der Arbeitgeber muss nur noch die vereinbarten, einzuzahlenden Beiträge garantieren, er haftet aber nicht für die Rendite. Der Arbeitnehmer kann sich also darauf verlassen, dass er im Rentenalter die Beiträge, die in die betriebliche Altersvorsorge eingezahlt wurden, auch als Rente ausgeschüttet bekommt. Er kann aber nicht sicher sein, dass am Ende noch ein Betrag X hinzukommt, der aus der Verzinsung der Einlagen stammt.
- Eine solche tariflich geregelte Betriebsrente ist verpflichtend für alle Unternehmen, die an den jeweiligen Tarifvertrag gebunden sind.
Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben sparen
Die betriebliche Altersvorsorge ist schon immer bis zu einem bestimmten Betrag sozialversicherungs- und steuerfrei. Durch die Neuregelungen im Betriebsrentenstärkungsgesetz wird dieser Vorteil noch weiter ausgebaut. Wie viel Geld Sie im Detail in die betriebliche Altersvorsorge investieren können, ohne darauf Abgaben zu zahlen, hängt aber von vielen Faktoren ab – unter anderem von der Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung, die sich jedes Jahr ändert.
Höherer Zuschuss zur Riesterrente
Schon im Januar 2018 wurde durch die Einführung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes auch die Grundzulage für Riesterrenten erhöht. Gab der Staat bisher 154 Euro pro Jahr dazu, bekommen Riestersparer jetzt 175 Euro. Das gilt auch für Riesterverträge, die über eine Betriebsrente bedient werden. Allerdings bekommen Sparer die volle Zulage nur, wenn der geltende Mindestbetrag eingezahlt wurde. Der berechnet sich aus dem Einkommen des Vorjahres. Mindestens 4 % des Vorjahresbruttoeinkommens müssen angespart werden, maximal aber 2.100 Euro (abzüglich der Zulage). Mehr Details zu dieser Vorsorgeform finden Sie auf unserer Seite zur Riesterrente.
Freibeträge in der Grundsicherung
Wer im Alter auf Grundsicherung angewiesen war, musste Einnahmen aus einer zusätzlichen Rente stets angeben. Sie wurden mit der Grundsicherung verrechnet und schmälerten entsprechenden den Anspruch. Das galt nicht nur für Betriebsrenten, sondern auch für Rürup-, Riester- und andere private Vorsorgeanlagen. Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz hat sich das nun geändert.
Erträge von bis zu 100 Euro im Monat sind auf jeden Fall frei, sie werden nicht auf die Grundsicherung angerechnet. Bekommen Sie aus Ihrer Zusatzrente (egal ob privat oder betrieblich) mehr als 100 Euro im Monat, bleiben weitere 30 % des übersteigenden Betrags anrechnungsfrei. Eine Einschränkung gibt es dabei allerdings: Diese 30 % dürfen gleichzeitig 50 % der sogenannten Regelbedarfsstufe 1 nicht übersteigen. Die Regelbedarfsstufen ändern sich regelmäßig. Informationen dazu bekommen Betroffene bei Sozialverbänden oder den Jobcentern.
Zwei Beispiele: Herr K. ist Rentner und bekommt jeden Monat Geld aus seiner Betriebsrente. Zusätzlich will er Grundsicherung beantragen. Nun geht es darum, herauszufinden, wie viel Geld von der Betriebsrenten-Auszahlung Herr K. behalten kann, ohne dass es bei der Grundsicherung angerechnet wird:
- Regelbedarfsstufe 1 im Jahr 2022: 449 €
- davon 50 %: 224,50 €
- aus der Betriebsrente bekommt Herr K. monatlich: 300 €
- davon grundsätzlich anrechnungsfrei: 100 €
- übriger Betrag aus der Betriebsrenten-Auszahlung monatlich: 200 €
- davon 30 % zusätzlich anrechnungsfrei: 60 €
Die 60 Euro liegen unter den 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 (224,50 Euro). Herr K. kann also die vollen 160 Euro (100 Euro zzgl. 30 % der übersteigenden Summe) behalten, ohne dass sie auf die Grundsicherung angerechnet werden.
Auch Herr F. ist Rentner und bekommt jeden Monat 1.000 Euro aus einer Betriebsrente. Aber auch für ihn gelten die oben genannten Grenzen, wenn er zusätzlich Grundsicherung beantragen will:
- Regelbedarfsstufe 1 im Jahr 2022: 449 €
- davon 50 %: 224,50 €
- aus der Betriebsrente bekommt Herr K. monatlich: 1.000 €
- davon grundsätzlich anrechnungsfrei: 100 €
- übriger Betrag aus der Betriebsrenten-Auszahlung monatlich: 900 €
- davon 30 % zusätzlich anrechnungsfrei: 270 €
Herr F. würde nach dieser Berechnung die Höchstgrenze für Freibeträge überschreiten. Die 30 Prozent des übersteigenden Betrag aus seiner Betriebsrente (270 Euro) sind höher als 50 Prozent der Regelbedarfsstufe 1 (224,50 Euro). Der Betrag wird entsprechend auf 224,50 Euro gekappt. Herr F. darf also 324,50 Euro (100 Euro zzgl. der 224,50 Euro) anrechnungsfrei aus seiner Betriebsrente beziehen, überschüssige Ausschüttungen werden voll auf die Grundsicherung angerechnet, sofern diese bewilligt wird.
Aufklärung durch Rentenversicherungsträger
Das Betriebsrentenstärkungsgesetz enthält auch eine Regelung zur Beratung über die staatlich geförderten Rentenmodelle. So sind die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung verpflichtet, Verbraucher umfassend aufzuklären und zu informieren – nicht nur über die gesetzliche Rente, sondern auch über alle Arten der privaten und betrieblichen Vorsorge, die vom Staat unterstützt werden.
Die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sind dabei zur Neutralität verpflichtet. Konkrete Produktempfehlung erhalten Sie als Versicherter dort also nicht, denn die Mitarbeiter dürfen weder Produkte, noch Versicherer empfehlen. Vor- und Nachteile der einzelnen Rentenmodelle werden in der Beratung aber erläutert und können eine Hilfe sein, die richtige Entscheidung für die eigene Absicherung im Alter zu treffen.