Gewährleistung bei Gebrauchtwagen: Diese Rechte haben Käufer

Wer ein gebrauchtes Auto kauft, spart sich zwar Geld, geht jedoch auch ein gewisses Risiko ein. Besonders ärgerlich ist es, wenn sich erst einige Tage nach dem Kauf herausstellt, dass zum Beispiel das Radio nicht richtig funktioniert oder der Zahnriemen gerissen ist. Um Käufer vor bösen Überraschungen zu schützen, gibt es die gesetzliche Gewährleistung. Wann diese bei Gebrauchtwagenkäufen gilt und wie Sie Ihre Rechte durchsetzen, erfahren Sie hier.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

Das Wichtigste in Kürze

Gilt die gesetzliche Gewährleistung auch bei Gebrauchtwagen?

Laut § 433 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gelten beim Gebrauchtwagenkauf dieselben Regeln wie bei jedem anderen Kaufvertrag. Somit haben Sie als Käufer auch einen Gewährleistungsanspruch. Das bedeutet, sobald Sie ein gebrauchtes Auto von einem gewerblichen Händler kaufen, haftet dieser für Mängel, die Sie erst nach dem Kauf bemerken (Sachmängelhaftung). Er muss also dafür sorgen, dass der Kaufvertrag im Nachhinein wie vereinbart erfüllt wird und Sie die Ware im abgemachten Zustand erhalten – entweder durch eine Reparatur oder indem er dasselbe Modell neu liefern lässt. Dabei ist zu beachten, dass der Verkäufer nur dann haftet, wenn ein Mangel bereits bei der Übergabe des Fahrzeugs vorhanden war, aber eben nicht bemerkt wurde.

Gewährleistung ist nicht gleich Garantie!

Vorsicht: Die gesetzliche Gewährleistung ist nicht mit einer Garantie gleichzusetzen. Eine zusätzliche Herstellergarantie, zum Beispiel die Reparatur von Lack- oder Rostschäden, kann der Autohändler freiwillig anbieten – die Gewährleistung hingegen ist verpflichtend. Im Schadensfall behalten Sie also Ihre Rechte aus der Gewährleistung, auch wenn Sie zusätzlich eine Garantie abgeschlossen haben. Da Garantieleistungen oftmals nicht alle Mängel abdecken oder eine Selbstbeteiligung des Käufers beinhalten, sollten Sie deshalb immer prüfen, ob ein Sachmangel nicht ohnehin unter die Gewährleistung fallen würde.

Ausschluss der Gewährleistung bei Privatverkäufen

Einen Gebrauchtwagen von einer Privatperson zu kaufen, birgt immer ein gewisses Risiko, denn diese darf die Gewährleistung komplett ausschließen. Oft findet sich im Kaufvertrag die Standardklausel „Verkauf unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung“. Diese Klausel ist zulässig. Privatverkäufer haften somit nicht für unbekannte Mängel, die erst nach dem Autokauf sichtbar werden. Sie als Käufer müssten die Kosten für eine Reparatur in diesem Fall selbst tragen.

Hat der private Verkäufer einen Sachmangel jedoch absichtlich verschwiegen, haftet er zwar theoretisch dafür, doch in der Praxis ist eine arglistige Täuschung oft schwer zu nachzuweisen. Holen Sie sich in solchen Fällen am besten Hilfe von einem erfahrenen Anwalt für Zivilrecht und lassen Sie sich beraten – zum Beispiel über die Anwaltshotline oder in der Online Rechtsberatung.

Welche Gewährleistungsfristen gelten beim Gebrauchtwagenkauf?

Ihr Anspruch auf Gewährleistung währt nicht ewig. Grundsätzlich schreibt der Gesetzgeber vor, dass Verkäufer mindestens 2 Jahre nach Übergabe des Gebrauchtwagens für Sachmängel haften müssen (§ 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB). Doch Achtung: Viele Händler verkürzen die Gewährleistungsfrist auf ein Jahr – und das ist rechtlich auch zulässig, wie der Bundesgerichtshof (BGH) im November 2020 entschieden hat (Az. VIII ZR 78/20). Ganz ausschließen dürfen gewerbliche Händler die Gewährleistung jedoch nicht. Wurden Mängel arglistig verschwiegen, erhöht sich die Frist auf 30 Jahre.

Gut zu wissen: Hinweis auf verkürzte Gewährleistungsfrist und Mängel

Seit dem 1. Januar 2022 reicht es nicht mehr aus, wenn der Autohändler nur in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf eine verkürzte Gewährleistungsfrist hinweist (§ 476 Abs. 2 BGB). Er muss dies gesondert und ausdrücklich im Kaufvertrag tun. Darüber hinaus muss der Käufer im Kaufvertrag ausdrücklich auf ihm bekannte Mängel hinweisen. Es genügt auch nicht mehr, wenn er den Wagen einfach pauschal als "Unfallfahrzeug" beschreibt oder lediglich in den AGB auf die Mängel eingeht.

Gebrauchtwagen Gewährleistung: Was ist abgedeckt?

Achtung: Die Gewährleistung bei Gebrauchtwagen gilt nur für tatsächliche Sachmängel nach § 434 BGB – wenn also die Ware nicht wie vereinbart beschaffen ist oder sich nicht zur vorgesehenen Nutzung eignet. Verschleiß oder sonstige Gebrauchs- und Abnutzungsspuren am Wagen stellen hingegen keinen Sachmangel dar und sind deshalb auch nicht von der Gewährleistung abgedeckt. So haftet der Verkäufer normalerweise nicht für den Verschleiß der Bremsen oder für Sitzbezüge, die sich über die Zeit abwetzen.

Doch nicht immer lässt sich allgemeingültig sagen, wann es sich um einen Sachmangel oder lediglich um Verschleiß handelt. Für die Klärung muss oftmals ein unabhängiger Gutachter hinzugezogen werden, was unter Umständen teuer werden kann. Die Gerichte müssen anschließend im Einzelfall entscheiden. Es gibt jedoch ein paar höchstrichterliche Urteile des Bundesgerichtshofs, an denen Sie sich orientieren können:

 

Sachmangel Gerichtsurteil
Unfallfahrzeug Hat der Verkäufer verschwiegen, dass es sich bei einem Gebrauchtwagen um ein Unfallfahrzeug handelt, ist das ein Sachmangel – es sei denn, es handelt sich um sogenannte Bagatellschäden wie etwa geringfügige Lackschäden (BGH 2007, Az. VIII ZR 330/06).
Klemmendes Kupplungspedal Klemmt das Kupplungspedal eines verkauften Gebrauchtwagens, liegt ein sicherheitsrelevanter Mangel vor, der die Unfallgefahr erhöht (BGH 2016, Az. VIII ZR 240/15).
Fehlende Verkehrssicherheit Ein Gebrauchtwagen, der nicht verkehrssicher ist, obwohl er mit einer neuen TÜV-Plakette verkauft wurde, ist mangelhaft (BGH 2015, Az. VIII ZR 80/14).
Fehlende Herstellergarantie Hat der Verkäufer dem Kunden einen Gebrauchtwagen mit Herstellergarantie verkauft, obwohl eine solche gar nicht mehr besteht, liegt ein Sachmangel vor (BGH 2016, Az. VIII ZR 134/15).

Beweislastumkehr bei Sachmängeln: Wer trägt die Beweislast?

Innerhalb der ersten12 Monate nach der Übergabe des Gebrauchtwagens (6 Monate bei Verträgen, die vor dem 1. Januar 2022 geschlossen wurden) gilt die sogenannte Beweislastumkehr nach § 476 BGB. Bemerken Sie in diesem Zeitraum einen Sachmangel, wird zu Ihren Gunsten einfach angenommen, dass das Fahrzeug bereits bei der Übergabe mangelhaft war. Kann der Verkäufer nichts Gegenteiliges beweisen, dürfen Sie eine Reparatur oder Ersatzlieferung in einer angemessenen Frist verlangen. Erst nach Ablauf der 12 beziehungsweise 6 Monate dreht sich die Beweislast wieder um: Nun müssen Sie nachweisen, dass der Mangel schon von Anfang an da war, was jedoch in der Praxis oft nur schwer möglich ist. In diesem Fall ist es ratsam, sich von einem erfahrenen Anwalt beraten zu lassen.


Ein Beispiel: Sie kaufen sich am 15. Januar 2022 ein gebrauchtes Auto und fahren einige Zeit damit. Nach 4 Monaten stellen Sie jedoch fest, dass die Warnblinkanlage nicht funktioniert. Da Sie den Gebrauchtwagen von einem gewerblichen Händler gekauft haben, haben Sie Anspruch auf Gewährleistung. Die Beweislastumkehr ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingetreten, weshalb Sie den Händler zu einer Reparatur oder Ersatzlieferung auffordern können – und das ohne beweisen zu müssen, dass die Warnblinkanlage schon zum Übergabezeitpunkt defekt war. Wäre Ihnen der Mangel allerdings erst nach dem 15. Januar 2023, also mehr als 12 Monate später, aufgefallen, hätten Sie die Beweislast tragen müssen.


 

Gut zu wissen: Hinweis auf Mängel

Seit dem 1. Januar 2022 muss Sie der Autohändler ausdrücklich im Kaufvertrag auf Mängel hinweisen. Es genügt hingegen nicht, wenn lediglich in der Gebrauchtwagenanzeige oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen steht, dass es sich zum Beispiel um ein Unfallfahrzeug handelt.

Gewährleistung nicht erfüllt: Diese Rechte haben Sie jetzt

Kommt der Autohändler seiner Gewährleistungspflicht nicht nach, müssen Sie ihm immer zuerst die Möglichkeit der Nacherfüllung gewähren. Erst wenn die Reparaturen fehlgeschlagen sind oder eine Nachbesserung schlicht nicht möglich ist, stehen Ihnen unter Umständen folgende Rechte zu:

Kaufpreisminderung

Der Gebrauchtwagen weist auch nach der Reparatur noch Mängel auf, doch Sie wollen das Fahrzeug trotzdem behalten? Dann können Sie vom Verkäufer eine Kaufpreisminderung verlangen. Die Höhe der Preisminderung hängt üblicherweise davon ab, wie viel eine erneute Reparatur gekostet hätte. Im Zweifelsfall muss ein Gutachter entscheiden, wie stark sich der Wert des Gebrauchtwagens durch den Mangel gemindert hat.

Rücktritt vom Kaufvertrag

Ein Rücktritt vom Kaufvertrag, bei dem Sie die Ware zurückgeben und den vollen Kaufpreis erstattet bekommen, ist in folgenden Fällen möglich:

  • Der Mangel am Gebrauchtwagen kann nicht repariert werden (ein Unfallwagen beispielsweise kann nie wieder „unfallfrei“ werden).
  • Der Verkäufer behebt den Mangel auch nach üblicherweise zweimaliger Aufforderung nicht (abweichende Nachbesserungsversuche sind im Einzelfall möglich).
  • Der Verkäufer weigert sich, den Mangel zu beheben, obwohl Sie Anspruch darauf haben.

Schadensersatz

Wenn ein Mangel am Gebrauchtwagen nicht repariert wurde, obwohl Sie den Händler zweimal zur Nachbesserung aufgefordert haben, dürfen Sie unter Umständen sogar Schadensersatz verlangen. Dazu zählen nicht nur Reparaturkosten, sondern auch zusammenhängende Kosten wie etwa Abschleppkosten.

Wichtig ist allerdings, dass Sie den Mangel nicht einfach selbst ausbessern lassen und dem Verkäufer die Kosten dann in Rechnung stellen dürfen. Zuerst müssen Sie ihm die Möglichkeit zur Nachbesserung gewähren.


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