Falschberatung: Welche Möglichkeiten gibt es bei einer Falschberatung?
Sie haben die Versicherung gewechselt und plötzlich sind Ihre Raten in die Höhe geschnellt? Oder Ihr Anlageberater hat Ihnen zur Einzahlung in einen Investmentfond geraten, doch der hat nur Verluste eingebracht? Was Sie bei einer Falschberatung machen können, erfahren Sie hier.
Was ist eine Falschberatung?
Generell spricht man von einer Falschberatung, wenn Sie aufgrund einer falschen und oder schlechten Beratung eine (Kauf-)Entscheidung fällen – zum Beispiel den Abschluss einer Unfallversicherung oder den Kauf von Anleihen – und durch diese Entscheidung Verluste erleiden.
Eine Falschberatung kann in den verschiedensten Bereichen passieren:
- durch Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler
- durch Banken und Sparkassen
- durch Rechtsanwälte
- durch Steuerberater
Falschberatung bei Versicherungen
Die Beratung eines Versicherungsmaklers oder eines Versicherungsvertreters gilt als schlecht und/oder falsch, wenn er seinen Beratungspflichten nicht nachkommt und der Kunde dadurch einen (finanziellen) Schaden hat.
Zwischen einem Versicherungsmakler und einem Versicherungsvertreter besteht jedoch ein Unterschied: Ein Versicherungsvertreter vertritt ein bestimmtes Versicherungsunternehmen und vermittelt nur Verträge dieses Versicherers. Der Versicherungsmakler hingegen hat keine feste Bindung an einen bestimmten Versicherer.
Unterschiedliche Beratungspflichten
Für die beiden Berufsgruppen fallen unterschiedliche Beratungspflichten an: Die Pflichten eines Versicherungsmaklers gehen in der Regel weiter als die eines Versicherungsvertreters. Schließlich ist bei einem Versicherungsvertreter klar, dass er nur für ein bestimmtes Unternehmen arbeitet und ausschließlich dessen Verträge vermitteln will. Daher muss der Versicherungsvertreter seinen Kunden nur eine eingeschränkte Produktberatung bieten. Er muss Ihnen grundsätzlich auch zu keiner Versicherung raten, die die Marktposition seines Unternehmens schwächt. Allerdings muss er Sie dennoch über die Punkte des Vertrags aufklären, die üblicherweise von Bedeutung für den Abschluss eines konkreten Vertrags sind, wie beispielsweise die Raten oder den Umfang des Versicherungsschutzes. Außerdem ist er verpflichtet, falsche oder irreführende Vorstellungen seiner Kunden in den zentralen Punkten richtig zu stellen. Der Versicherungsmakler ist laut Versicherungsvertragsgesetz (VVG) verpflichtet, mehrere auf dem Markt angebotenen Versicherungsverträgen und Versicherern zu vergleichen. Das Oberlandesgericht Köln urteilte 2004, dass ein Versicherungsmakler Ihren bisherigen Versicherungsschutz überprüfen muss. Er ist außerdem dazu verpflichtet, Sie auf Lücken in Ihrem derzeitigen Versicherungen aufmerksam zu machen. Verletzt ein Versicherungsvertreter oder ein Versicherungsmakler seine Beratungspflichten, kann der Kunden Schadensersatz fordern.
Beispiel: Ein Versicherungsvertreter vergleicht den Preis Ihrer alten Versicherung mit dem Preis einer neuen, angeblich billigeren Versicherung. Allerdings hat er für den Vergleich bei dem alten Vertrag den Nettopreis und bei dem neuen Vertrag den Bruttopreis genommen. Also Äpfel mit Birnen verglichen. Somit sind Sie Opfer einer Falschberatung geworden.
Achtung: Eine Falschberatung durch einen Versicherungsvertreter oder -makler muss der Versicherungsnehmer nachweisen. Daher muss der Versicherungsvertreter oder –makler das Beratungsgespräch dokumentieren und dem Kunden zeitnah eine Abschrift dieses Beratungsprotokolls schicken (§ 62 VVG).
2012 entschied das Oberlandesgericht München, dass der Versicherungsvertreter oder -makler diese Dokumentationspflicht nicht erfüllt, wenn im Beratungsprotokoll folgende Punkte nicht festgehalten wurden:
- Eckdaten der bestehenden und der neuen Versicherung
- konkrete Hinweise auf Risiken
- Hinweise, warum der Versicherungsnehmer die Versicherung wechseln will
Wer haftet bei Falschberatung?
Bei einer Falschberatung durch einen Versicherungsvertreter haftet laut VVG der Versicherer, sprich das Versicherungsunternehmen. Vermittelt jedoch ein Versicherungsmakler den Versicherungsvertrag, haftet ausschließlich der Versicherungsmakler für sein Beratungsverschulden.
Falschberatung bei Banken und Sparkassen
Kommt ein Anlageberater seinen Aufklärungspflichten nicht nach, gilt seine Beratung als schlecht und/oder falsch. Laut Wertpapierhandelsgesetz sind Kreditinstitute verpflichtet, Anlageberatungen gewissenhaft vorzugehen. Das bedeutet, dass der Berater Ihnen das Risiko, Ihr Kapital zu verlieren, nicht verschweigen und bei den Renditemöglichkeiten nicht übertreiben darf. Außerdem muss der Anlageberater Konflikte zwischen Ihren Interessen und seinen eigenen – wie zum Beispiel seiner Provision – vermeiden. Kommt es doch zu einem Interessenskonflikt, hat das Interesse des Kunden – also Ihres – Vorrang vor den Interessen des Anlageberaters. Das heißt, Ihr Bankberater darf Ihnen nicht zu einem riskanteren Kauf von Wertpapieren raten, nur weil er dadurch mehr Provision bekommt. In einem korrekt durchgeführten Beratungsgespräch muss er deshalb verständlich auf alle anfallende Gebühren, seine Provision(en), Honorare und Auslagen hinweisen.
Darüber hinaus muss Ihr Bankberater auch berücksichtigen, wie hoch Ihre Risikobereitschaft ist. Risikoscheuen Kunden dürfen keine spekulativen Angebote gemacht werden. Insbesondere dann nicht, wenn der Kunde Geld für seine Altersvorsorge anlegen will.
Zu besonders riskanten Produkten zählen:
- Anleihen
- Immobilienfonds
- Investmentfonds
- Ölfonds
- Schiffsfonds
Zusätzlich wurde 2010 eine Aufzeichnungspflicht eingeführt: Bei jedem Beratungsgespräch mit Privatkunden muss vom Berater ein Beratungsprotokoll geschrieben und dem Kunden geschickt werden. Die Beweispflicht bei einer Falschberatung liegt beim Kunden. Das bedeutet: Möchten Sie Ihre Bank wegen einer Falschberatung verklagen, müssen Sie mit Hilfe des Beratungsprotokolls nachweisen, dass der Bankberater seine Aufklärungspflichten versäumt hat.
Schadensersatz bei Falschberatung: Welche Verjährungsfrist muss beachtet werden?
Wenn Sie Opfer einer Falschberatung geworden sind, haben Sie Anspruch auf Schadensersatz: Sie können die Rückzahlung des eingezahlten Kapitals verlangen. Außerdem haben Sie Anspruch darauf, dass Ihnen der entgangene Gewinn erstattet wird.
Generell müssen Sie eine Falschberatung innerhalb von drei Jahren anzeigen. Ansonsten gilt der Beratungsfehler als verjährt. Der Bundesgerichtshof entschied jedoch 2007, dass die dreijährige Verjährungsfrist erst beginnt, wenn Sie die Falschberatung bemerken. Ab wann genau ein Kunde in der Lage gewesen wäre, eine Falschberatung zu entdecken, lässt sich jedoch nicht allgemein festlegen. Das ist immer von Fall zu Fall unterschiedlich.
Wer haftet bei Falschberatung?
Im Allgemeinen haftet eine Bank oder Sparkasse bei einer Falschberatung nur, wenn zwischen dem Kreditinstitut und dem Kunden ein sogenannter Beratungsvertrag geschlossen wurde. Allerdings muss dieser Vertrag nicht schriftlich festgehalten werden. Ein Beratungsvertrag gilt bereits als geschlossen, wenn eine Finanzberatung tatsächlich stattfindet.
Falschberatung durch Steuerberater
Grundsätzlich hat ein Steuerberater eine Belehrungspflicht. Da das Steuerrecht ein sehr komplexes Rechtsgebiet ist, wird generell davon ausgegangen, dass dem Steuerzahler das nötige Fachwissen fehlt und er deswegen eine Belehrung braucht. Spätestens wenn für Ihren Steuerberater erkennbar ist, dass Ihnen rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile drohen können, muss eine Belehrung stattfinden. Ihr Steuerberater muss Sie auch ungefragt über alle wichtigen steuerlichen Einzelheiten und deren Folgen unterrichten. Außerdem muss er alle für seine Arbeit relevanten Informationen, wie zum Beispiel Bewirtungsbelege oder von Ihnen getätigte Investitionen, von Ihnen erfragen.
Achtung: Ihr Steuerberater trifft keine Entscheidungen für Sie. Ziel einer Belehrung ist es, Ihnen so viel Wissen mitzugeben, dass Sie eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen können. Darüber hinaus ist Ihr Steuerberater grundsätzlich nicht dazu verpflichtet, Ihre Angaben zu überprüfen. Achten Sie daher darauf, dass Ihre Zahlen korrekt sind. Auch hat ein Steuerberater keine Überwachungspflicht. Das heißt, Ihr Steuerberater muss nicht kontrollieren, ob Sie seine Ratschläge auch befolgt haben.
Allerdings hat ein Steuerberater eine Kontrollpflicht. Ihr Steuerberater muss kontrollieren, ob Fristen eingehalten werden (zum Beispiel das Einreichen der Steuererklärung) und Sie gegebenenfalls darüber informieren oder selbst handeln.
Bei einer Falschberatung können Steuerzahler Schadensersatz einfordern. Dafür müssen Sie aber nachweisen können, dass Ihr Steuerberater Sie falsch beraten hat. Das hängt auch immer stark davon ab, mit welchen Aufgaben Sie Ihren Steuerberater laut Vertrag beauftragt haben. Was nicht Bestandteil des Vertrages zwischen Ihnen und Ihrem Steuerberater ist, darüber muss Ihr Steuerberater Sie auch nicht aufklären.
Verjährung und Einspruch bei Falschberatung
Bei einer Falschberatung verjährt der Anspruch auf Schadensersatz nach drei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt aber erst ab dem Zeitpunkt, an dem der Fehler erkannt wurde. In der Regel ist dies der Fall, wenn Sie den nächsten Steuerbescheid erhalten haben.
Noch besser ist es, wenn Sie den Schaden innerhalb eines Monats nach Erhalt des Steuerbescheides erkennen. Denn dann können Sie Einspruch eingelegt und der Schaden für Sie kann klein gehalten werden. Prüfen Sie daher immer Ihren Steuerbescheid und kontrollieren Sie bei ungewöhnlich hohen Nachzahlungsforderungen Ihre eingereichte Steuererklärung.