Steuerschädliche Lebensversicherung: Was tun?

Online-Rechtsberatung
Stand: 13.02.2014
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Habe über X.de meine Lebenversicherung beleihen lassen.
Jetzt schreib mir das Finanzamt und bittet um Stellungnahme:

"Das Darlehen über 35.000€ wurde jedoch lt. Anzeige nach § 29 ESTDV über 38.500 € per Lebensversicherung abgesichert. Es liegt daher eine sog. Übersicherung vor. Dies führt zu einer steuerschädlichen Verwendung der Lebensversicherung und kann auch nicht durch eine nachträglich vereinbarte Sicherungseinschränkung geheilt werden."

Mir war vor Vertragsabschluss nicht bewusst das dies so eintreten würde. Wie könnte ich jetzt gegenüber dem Finanzamt argumentieren, damit die Lebensversicherung nicht steuerschädlich wird.

Antwort des Anwalts

Der Vermerk des Finanzamts stimmt vom Prinzip her 1). Das hat auch der Bundesfinanzhof entschieden mit Urteil vom 12.09.2007, Aktenzeichen VIII R 12/07 2); Bei steuerschädlicher Darlehensverwendung wegen Übersicherung ist nicht auf den Rückkaufswert einer Kapitallebensversicherung abzustellen, sondern auf die in den Anzeigen nach § 29 Abs. 1 EStDV eingesetzten Versicherungsansprüche, d.h. auf den Nominalbetrag der Versicherung.

Die steuerschädliche Verwendung bereits eines Teils eines mit einer Lebensversicherung abgesicherten Darlehens führt ebenso zur vollständigen Besteuerung der Erträge im Zusammenhang mit der Lebensversicherung, vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13.07.2004 Aktenzeichen VII R 48/02 / BFH NV 204 S.1585).

Eventuelle Einwendungen könnten Sie aber im konkreten Fall je nach Sachlage unter folgenden Aspekten erheben:

  1. Objektverkauf

Wenn das mit der Lebensversicherung (Altversicherung nach Ablauf von mehr als 12 Jahren) gesicherte Objekt verkauft wird und das Darlehen durch den Kaufpreis oder anderweitig getilgt wird, dann müsste dadurch die steuerschädliche Verwendung repariert werden können. Die Abtretung kann dann noch vor Fälligkeit des Darlehens widerrufen werden.
Die noch nicht fällige Lebensversicherung wurde wieder nur zur Altersversorgung genutzt.
Wenn eine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht abgetreten ist, liegt darin noch keine steuerschädliche Ausübung des Kapitalwahlrechts. Es handelt sich um eine Abtretung künftiger Forderungen (vgl. dazu das BMF Schreiben vom 15.06.2000, BStBL 2000 I S. 1118 Tz. 6). Danach kommt es auf Bedingungen erst zum Zeitpunkt der Fälligkeit, d.h. der Ausübung des Wahlrechts, an.

  1. Einwand: Keine Absicherung von abzugsfähigem Darlehen

Wenn die Ansprüche aus der Lebensversicherung nicht zur Sicherung eines Darlehens dienen, dessen Finanzierungskosten abzugsfähige Betriebsausgaben darstellten, führt dies auch nicht zur Besteuerung der Erträge aus der Lebensversicherung (Zinsen, Überschussanteile) zum Zeitpunkt der Auszahlung.

  1. Einwand: Anfechtung des Versicherungsvertrags nach § 123 BGB binnen Jahresfrist mit Folge der Nichtigkeit des Vertrags ex tunc (von Anfang an)

Sofern eine Täuschungshandlung über die Unschädlichkeit der Sicherung mit zum Vertragsschluss geführt hatte, könnten Sie daran denken, den Versicherungsvertrag wegen arglistiger Täuschung nach § 123 BGB anzufechten. Dies würde Nichtigkeit ex tunc, also von Anfang an, bedeuten.

Die Anfechtung des Vertrags nach § 119 BGB binnen Monatsfrist, Irrtum über eine verkehrswesentliche Eigenschaft, wirkt hingegen nur ex nun, also von jetzt an.

  1. Kündigung der Lebensversicherung

Wenn Sie die Versicherung nach Ablauf der 12-Jahresfrist vorzeitig kündigen, kann mindestens der Schaden für die Zukunft vermieden werden.

Bundesfinanzhof Urteil vom 12.10.2005 – VIII R 19/04

Im Einzelnen sollten Sie vorab die Konsequenzen der vorgeschlagenen, z.T. radikalen Schritte, aber genau gegeneinander abwägen, und mit der Lebensversicherung und der Bank sowie Ihrem Steuerberater abgestimmt werden. So können bei vorzeitigen Kündigungen Vorfälligkeitszinsen anfallen, die im Ergebnis die Steuerersparnis übersteigen.

  1. Einwendungen nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG

Je nach Situation denkbar ist auch, daß aus dem Gesetzestext ableitbare Einwendungen erhoben werden, wonach in gewissen Situationen trotz Abtretung fehlende Steuerschädlichkeit besteht. Sollte hier etwas in Frage kommen, bitten Sie bitte um insoweit kostenlose Nachbearbeitung des Falls.

*) Unter meiner Antwort befinden sich:

Fußnoten, Zitate von einschlägigen Gesetzestexten, Urteilen, weiterführende Literatur, Links im Internet etc.
*1) § 29 EstDVO Anzeigepflichten bei Versicherungsverträgen

Bei Versicherungen, deren Laufzeit vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat, hat der Sicherungsnehmer nach amtlich vorgeschriebenem Muster dem für die Veranlagung des Versicherungsnehmers nach dem Einkommen zuständigen Finanzamt, bei einem Versicherungsnehmer, der im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, dem für die Veranlagung des Sicherungsnehmers zuständigen Finanzamt (§§ 19, 20 der Abgabenordnung) unverzüglich die Fälle anzuzeigen, in denen Ansprüche aus Versicherungsverträgen zur Tilgung oder Sicherung von Darlehen eingesetzt werden. Satz 1 gilt entsprechend für das Versicherungsunternehmen, wenn der Sicherungsnehmer Wohnsitz, Sitz oder Geschäftsleitung im Ausland hat. Werden Ansprüche aus Versicherungsverträgen von Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben (§ 1 Abs. 1 des Gesetzes), zur Tilgung oder Sicherung von Darlehen eingesetzt, sind die Sätze 1 und 2 nur anzuwenden, wenn die Darlehen den Betrag von 25 565 Euro übersteigen. Der Steuerpflichtige hat dem für seine Veranlagung zuständigen Finanzamt (§ 19 der Abgabenordnung) die Abtretung und die Beleihung unverzüglich anzuzeigen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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