Kündigung der Wohnung wegen Eigenbedarf - geschickt vorgehen

Online-Rechtsberatung
Stand: 26.08.2013
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Ich möchte mir gerne eine derzeit vermietete Wohnung zum Eigenbedarf kaufen. Ich wohne derzeit selbst zur Miete. Der Mieter und seine Freundin sind beide etwa Anfang 30 jahre alt, sie wohnen seit etwa 4,25 Jahren in der Wohnung und mir sind keine Tatsachen bekannt, die eine Härtefallregelung begründen würden. Ich möchte allerdings ein Gerichtsverfahren vermeiden. Mir ist derzeit zwar nicht bekannt, ob der Mieter sich tatsächlich weigern würde, auszuziehen (so weit sind meine Verhandlungen bezüglich der Wohnung noch nicht gekommen). Ich würde trotzdem vorab gerne wissen, wie ich am geschicktesten vorgehen kann, um den Mieter dazu zu bewegen, auszuziehen oder um eine verbindliche Zusage zu bekommen, dass er tatsächlich auszieht.

Falls es zu einem Gerichtsverfahren kommen sollte, mit welchen Kosten muss ich rechnen?

Ich habe derzeit keine Rechtsschutzversicherung. Kann ich überhaupt schon eine Rechtsschutzversicherung für Vermieter abschließe, bevor ich eine vermietete Wohnung besitze?

Antwort des Anwalts

Die Kündigung wegen Eigenbedarfs steht zahlenmäßig an erster Stelle bei den Vermieterkündigungen. Eine kaum noch zu übersehende Flut von Gerichtsentscheidungen hat sich bereits mit diesem Thema beschäftigt.
Es ist daher sicherlich von Interesse zu erfahren, unter welchen Voraussetzungen ein Kündigung wegen Eigenbedarfs rechtmäßig ergeht und damit einer eventuellen gerichtlichen Überprüfung standhält.

Ohne inhaltlich vorzugreifen zu wollen, weisen wir bereits hier daraufhin, dass jede Eigenbedarfskündigung von den zuständigen Gerichten einer eingehenden Einzelfallprüfung unterzogen wird. Dies geschieht anhand verschiedener Kriterien, die klären sollen, ob die angeführten Gründe für die Kündigung ausreichen oder nicht.

Was ist eigentlich Eigenbedarf ?

Kurz gesagt, der Entschluß des Vermieters seine ihm gehörende, aber vermietete Wohnung selbst zu nutzen oder durch einen ganz eingeschränkten Personenkreis nutzen zu lassen.

Für welchen Personenkreis kann Eigenbedarf angemeldet werden?

Das Gesetz spricht von einem berechtigten Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses, wenn dieser die Räume für sich, für die zu seinem Hausstand gehörenden Personen oder seine Familienangehörigen benötigt.
Als Familienangehörige gelten im Sinne von § 573 Abs. 2 Ziff. 2 BGB alle Verwandten gerader Linie wie Eltern, Geschwister und Großeltern. Grundsätzlich gehören nicht dazu: Schwägerin / Schwager und Cousin / Cousine. So hat z.B. das LG Weiden in seinem Urteil vom 05.12.2002 entschieden, dass der angemeldete Eigenbedarf für die Tochter der Schwiegertochter des Vermieters die Eigenbedarfskündigung nicht rechtfertige. Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn eine nachweisbare besondere persönliche Bindung zum Vermieter existiert, die über das normale Vorhandensein des Verwandschaftsverhältnisses hinausgeht.

Zum Hausstand gehören Haushaltshilfen, Aupair Mädchen für die Kinderbetreuung und Pflegepersonal. In diesem Zusammenhang wurde auch bereits entschieden, dass der Vermieter auch dann kündigen darf, wenn er nachdrücklich einen Altenpfleger sucht, ohne dass bereits eine bestimmte Person namentlich bekannt ist.

Wie kann ich als Vermieter wirksam wegen Eigenbedarfs kündigen ?

Aufgrund der erheblichen rechtlichen Anforderung an eine Eigenbedarfskündigung sollte der Vermieter bereits im Kündigungsschreiben so ausführlich wie möglich ausführen, aus welchen Gründen die Beendigung des Mietverhältnisses wegen Eigenbedarfs angestrebt wird. Die Begründung der Kündigung muss deshalb so detailliert erfolgen, damit der Mieter in der Lage ist zu überprüfen, ob eine Verteidigung gegen die Kündigung möglich und sinnvoll ist. Das Kündigungsschreiben sollte daher folgende Punkte enthalten:

Darstellung, wer die Wohnung in Zukunft nutzen soll (Vermieter/Angehöriger/Tochter)Darstellung des Verwandschaftsgrades, bzw. der besonderer Bindung Angabe des Namens, der Anschrift, des Alters und der Berufstätigkeitdie Angabe der aktuellen Wohnverhältnisse der Person, für die Eigenbedarf beantragt wird Darstellung der unzureichenden Unterbringung (z.B. der erwachsende Sohn der Vermieter lebt noch in der Wohnung der Eltern und hat nur ein Zimmer zur Verfügung)Darstellung des zusätzlichen Wohnbedarfs nach etwaigem FamilienzuwachsAngabe von möglicherweise vorhandenen gesundheitlichen Gründen, die die bisherige Nutzung nicht mehr möglich erscheinen lassen (Gehbehinderung bei Dachgeschosswohnungen ohne Fahrstuhl) Angabe von etwaigen beruflichen Gründen (Fahrzeit zum Arbeitsort)Angebot von Alternativwohnungen, falls diese zum Zeitpunkt der Kündigung frei sind Ausführungen über die Vorteile der zu nutzenden Wohnräume im Hinblick auf Größe, Lage, Anzahl der Räume und die Ausstattung
Wichtig: Grundsätzlich alle Gründe, die eine Eigenbedarfskündigung rechtfertigen können, sollten angegeben werden.
Der Vermieter hat die für das Mietverhältnis geltenden Kündigungsfristen einzuhalten.

Wann ist eine Eigenbedarfskündigung unwirksam?

Nicht selten werden Eigenbedarfskündigungen zu Unrecht ausgesprochen, um so einen „lästigen“ bzw. unbequemen Mieter loszuwerden.

Typische Beispiele sind:

Treuwidriger Eigenbedarf: Die Gründe auf die die Eigenbedarfskündigung gestützt wird lagen schon bei Abschluß des Mietverhältnisses vor. Der Mieter hätte daher den Mieter darauf hinweisen müssen, dass er die Wohnung in naher Zukunft für sich benötigt und gegebenenfalls einen qualifizierten Zeitmietvertrag abschließen müssen.

Rechtsmissbräuchlicher Eigenbedarf: Die Kündigung ist grob unbillig und damit unzulässig, wenn z.B. im gleichen Haus vergleichbare Wohnungen leer stehen und der Vermieter dort ohne Probleme einziehen könnte.

Überhöhter Eigenbedarf: Dieser liegt vor, wenn z. B. die ledige 18 –jährige Tochter in eine 5- Zimmerwohnung einziehen soll.

Befristeter Eigenbedarf: Die Eigenbedarfskündigung ist dann unwirksam, wenn der Vermieter die Wohnung nur gelegentlich zu Übernachtungen oder nur kurzfristig für einige Monate benötigt.

Zweckverfehlung: Die Eigenbedarfskündigung ist dann unwirksam, wenn die Wohnung gar nicht in der Weise genutzt werden kann, wie es im Kündigungsschreiben angegeben wurde (z.B. Kündigung für die schwer gehbehinderte 75-jährige Mutter des Vermieter, die in eine Wohnung im 5. Stock ohne Aufzug einziehen soll).

Wann ist eine Eigenbedarfskündigung wirksam?

Als zulässig werden Eigenbedarfskündigungen in folgenden Fallkonstellationen angesehen:Wohnung soll als Altersruhesitz genutzt werden Wohnung wird für die Pflege einer nahestehenden Person benötigt Bezug der Wohnung führt zu einer erhebliche Verkürzung des Fahrtweges zur Arbeitsstelle Vermieter will im eigenen Haus wohnen, um das Haus verwalten zu können Der Vermieter ist chronisch lauter Schnarcher; seine Ehefrau braucht eine räumliche Trennung, um nachts wieder schlafen zu können (LG Koblenz AZ 14 S 216/98).

Kündigung wegen Eigenbedarfs
Was kann ich als Mieter tun ?

Gemäß §§ 574, 574 b BGB sollte der Mieter seinen Widerspruch gegen die Eigenbedarfskündigung erklären, wenn es fraglich erscheint, ob die vom Vermieter vorgebrachten Gründe vernünftig und nachvollziehbar sind oder vielmehr die Annahme besteht, dass ein vorgetäuschter Eigenbedarf besteht. Im Widerspruchsschreiben sollte gegenüber den vom Vermieter vorgebrachten Gründe umfassend Stellung genommen werden. Auch sollten hier die bei dem Mieter zu berücksichtigenden Interessen dargelegt werden. Es ist jedoch zu beachten, dass grundsätzlich bei einer Eigenbedarfskündigung keine Interessensabwägung stattfindet.

Was tun bei „vorgetäuschtem“
Eigenbedarf ?

Täuscht der Vermieter den Eigenbedarf nur vor, und will er im Grunde nur den Mieter auf diese Art und Weise aus der Wohnung bekommen, macht er sich unter Umständen schadenersatzpflichtig. Als Schadensersatz kann der Mieter in gewissen Umfang die Umzugs- und Renovierungskosten für die neue Wohnung verlangen. In Extremfällen, d.h. bei nachgewiesener Täuschungsabsicht des Vermieters kann auch die Differenz zwischen der bisherigen und der höheren Miete der neuen Wohnung verlangt werden. Hierbei ist folgendes Vorgehen anzuraten:

Teilen Sie dem Vermieter mit, dass Sie nicht freiwillig ausziehen werden. Hierdurch werden mögliche Schadensersatzansprüche erhalten Auflistung sämtlicher Belege und Quittungen über Kosten, welche durch den Umzug entstanden sind umfassende Sachverhaltsaufklärung (möglicherweise sogar durch Detektiveinschaltung, da der Mieter die Beweislast für eine Täuschung des Vermieters trifft; eventuell Strafanzeige gegen den Vermieter)Weigern Sie sich als Mieter zum Kündigungszeitpunkt auszuziehen, muss der Vermieter, die Rechtsmäßigkeit seiner Kündigung durch Einreichung einer Räumungsklage beim zuständigen Amtsgericht feststellen lassen. Erst wenn die Eigenbedarfskündigung vor Gericht Bestand hat, wird der Mieter zur Räumung der Wohnung verurteilt werden.

Gerade um kostenintensive Auseinandersetzungen zwischen Mieter und Vermieter zu vermeiden, sollten die Möglichkeiten ausgelotet werden, außergerichtliche Lösungen zu finden. Lösungsmöglichkeiten sind hier der Abschluss eines Mietaufhebungsvertrages, der den Mieter gegen Zahlung einer Geldsumme oder gegen Übernahme der Umzugs- und Renovierungskosten zum Auszug aus der Wohnung verpflichtet.

Abschließend lässt sich feststellen, das aufgrund des eigentumsähnlichen Recht des Mieters an seiner Wohnung, dass dem Mieter durch das Bundesverfassungsgericht zuerkannt wurde, hohe Anforderungen an eine Eigenbedarfskündigung zu stellen sind.

Hinsichtlich der zuerwartenden Kosten im gerichtlichen Verfahren gilt Folgendes:
der BGH hat sich der Auffassung angeschlossen, dass analog den §§ 23 I 3 RVG iVm 41 I, II GKG die Jahresnettomiete anzusetzen ist, weil die Kündigung einem Räumungsrechtsstreit vorausgehe und diese vorbereite, BGH NZM 2007, 396. Genau lässt sich das derzeit nicht sagen, da Sie die monatliche Nettomiete nicht kennen. In der Regel muss man bei Einreichung der Klage mit ca. 1000,00 € Rechtsanwaltskosten und ca.500,00€ Gerichtskosten rechnen.

Sie können bereits vor Kauf der Immobilie eine entsprechende Rechtsschutzversicherung abschließen, da diese meist erst nach einer Dauer von 3 Monaten nach Vertragsschluss zum Tragen kommt.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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