Nicht erfolgreiche Stornierung eines Auftrages

Online-Rechtsberatung
Stand: 13.12.2017
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Meine Mutter bestellte einen Treppenlift am 15.1.2007. 
Auftrag wurde bestätigt am 17.1.2007.
Meine Mutter (Auftraggeberin)unterschrieb Anlangenzeichnung am 24.1.2007.
Wegen schwerer Erkrankung und Pflegebedürftigkeit habe ich im Auftrag meiner Mutter den Auftrag storniert. Wir bekamen eine Stornorechnung (35% des Kaufpreises, lt. -allgemeiner Bedingungen). Über einen RA ließ meine Mutter am 28.2.2007 mitteilen, die Rücktrittspauschale sei unangemessen hoch und bat um Unterbreitung eines angemessenen Angebots. Daraufhin kam keine Reaktion.Meine Mutter ist am 2.1.2010 verstorben. Am 31.12.2010 wurde mir ein Mahnbescheid zugestellt, der die Rechnungssummer ,versch. Gebühren und Zinsen ab 28.2.2007 enthält. Innerhalb von 14 Tagen habe ich die genannte Summe zu zahlen. Was kann ich tun?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrte Mandantin

Vorab zur Klarstellung: Da Sie und die Miterben das Erbe angenommen haben, haften Sie entsprechend Ihres jeweiligen Erbanteils. Der Anspruch der Firma unterliegt gem. § 195 BGB der dreijährigen Verjährung. Diese wäre ohne die verjährungshemmende Einleitung des gerichtlichen Mahnverfahrens am 01.01.2011 eingetreten. Der Mahnbescheid wurde mithin gerade noch rechtzeitig bei Gericht eingereicht. Zwar fehlt auf dem übersandten Vertrag vom 08.01.2007 die Unterschrift Ihrer verstorbenen Mutter. Ich gehe jedoch davon aus, das die unterzeichnete Zweitschrift der Firma vorliegt. Damit liegen die formalen Voraussetzungen vor.

Zum Anspruch dem Grunde nach ist festzustellen, dass sich die Kanzlei im Hinblick auf den pauschalierten Anspruch erstaunlich viel Mühe macht. Es dürfte nicht auszuschließen sein, dass ihr ein entsprechender Nachweis gelingt, zumal die Beweislast grundsätzlich bei Ihnen liegt. Die Rspr. geht davon aus, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Unangemessenheit der Pauschale die Verwendergegenseite (mithin Sie) als diejenige Partei trifft, die sich hierauf beruft. Dieser Last genügt die Verwendergegenseite durch plausiblen Sachvortrag, dass entweder die Höhe der Pauschale nicht den branchenüblichen Sätzen entspricht oder dass bei gewöhnlichem Lauf der Dinge (tatsächliche und erstattungsfähige) Kosten in Höhe der geforderten Pauschale nicht angefallen sein können oder dass typischerweise keine Relation zwischen der Berechnung der Pauschale und der Höhe der effektiven Abwicklungsvergütung besteht. In diesen Fällen ist es dann Sache des Verwenders, durch konkreten Sachvortrag darzulegen, dass die Höhe der geforderten Pauschale durch Besonderheiten gerechtfertigt ist, BGH NJW 1991, 2763.

Nach meinem Dafürhalten führt das Bestreiten der Höhe der Pauschale nach Ziff. 8 AGB nicht zwingend zum Erfolg oder zur angemessenen Herabsetzung der Pauschale.

M.E. sollte der Ansatzpunkt zusätzlich in eine andere Richtung gehen. In Betracht kommt hier nämlich ein Rücktritt gem. § 313 Abs. 3 BGB. Sofern die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB vorliegen, würde nämlich der Anspruch insgesamt entfallen. Es käme dann nicht zu einer Herabsetzung, sondern zum Wegfall des Anspruchs. Es sind deshalb die Voraussetzungen des § 313 Abs. 1 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage) zu prüfen. § 313 Abs. 1 BGB lautet wie folgt: Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Bezogen auf Ihren Fall stellt sich die Frage, ab wann Ihre Mutter den Treppenfahrstuhl aufgrund Ihrer Krankheit und Ihres Umzugs in ein Pflegeheim nicht mehr nutzen konnte. Sofern nämlich eine Nutzung des Treppenfahrstuhls wegen der Krankheit gar nicht mehr in Betracht kam, liegt eine Zweckstörung bzw. ein Wegfall des ursprünglichen Zwecks vor. Von einer Unmöglichkeit zu unterscheiden sind die Fälle, in denen der Leistungserfolg noch herbeigeführt werden kann, der Gläubiger hieran aber kein Interesse mehr hat (Bsp.: die Gaststätte, für die Inventar gekauft worden ist, brennt ab). Bei einer solchen Zweckstörung liegt idR keine Unmöglichkeit vor; statt dessen kommt eine Anwendbarkeit des § 313 in Betracht. So liegt es hier. Zwar hätte die Treppe seinerzeit noch montiert werden können; Ihre Mutter hätte diese jedoch krankheitsbedingt oder wegen anderweitiger Unterbringung nicht mehr nutzen können. Eine Nutzung durch andere Personen, die grundsätzlich ebenfalls noch möglich gewesen wäre, entspräche ebenfalls nicht dem Vertragszweck. Dieser war eng mit den persönlichen Bedürfnissen Ihrer Mutter verbunden.

Rechtsfolge des § 313 Abs. 1 BGB ist grundsätzlich eine Vertragsanpassung. Diese scheidet vorliegend jedoch ersichtlich aus, denn entweder der Treppenfahrstuhl konnte von Ihrer Mutter genutzt werden oder nicht. Für solche Fälle greift Abs. 3 Satz 1: Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten.

Ich empfehle deshalb innerhalb der 14 tägigen Frist Widerspruch gegen den Mahnbescheid einzulegen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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