Generalvollmacht nach Todesfall - was ist zu beachten?
Meine Frage besteht aus zwei Teilproblemen:
Ich habe für meine Mutter und ihren Ehemann (meinen Stiefvater) wegen deren Krankheiten vor kurzem eine Generalvollmacht bekommen und den Auftrag, ihre Finanzen in Ordnung zu bringen. Da die Vollmachten zwar inhaltlich korrekt ist (Mustertext aus Veröffentlichungen der Verbraucherzentrale bzw. des Bayr. Innenministeriums), aber weder notariell beurkundet noch beglaubigt ist, haben Banken und Versicherungen sehr unterschiedlich darauf reagiert. Die einen haben eine Zusammenarbeit verweigert oder zunächst verzögert, die anderen haben getan, worum ich gebeten habe. Insgesamt haben meine Eltern außer normalem Hausrat keine Wertsachen, kaum Geldvermögen, etwas gemeinsame Schulden (s.u.), der Ehemann größere Schulden aus seiner 1. Ehe. Sie wohnen zur Miete in einer gemeinsamen Wohnung. Beide sind Rentner und zu 80 % Schwerbehindert; außer der Rente (Mutter: 700, Stiefvater: 1.300 € brutto) gibt es keine Einkünfte.
Meine Aufgabe bestand darin
- die Finanzsituation insgesamt zu analysieren (welche Guthaben und Schulden gibt es, sind beide Ehepartner Kontoinhaber bzw. Gläubiger oder nur einer von beiden
- überflüssige Versicherungen und Mitgliedschaften zu kündigen und die Bankkonten möglichst bei einem Institut zusammenzuführen
aufgrund der Krankheit meines Stiefvaters die gemeinsamen Schulden (s.u.) mit evtl. vorhanden Vermögen zurückzuzahlen, damit meiner Mutter wenig Schulden bleiben.
Dieser Prozess war am Laufen - und zum Teil nicht abgeschlossen - als mein Stiefvater plötzlich gestorben ist. Durch die vorherige Recherche weiß ich, dass er - über die gemeinsamen Kredite der Eheleute hinaus - erhebliche Schulden hat und meine Mutter das Erbe ausschlagen sollte. Auch der Sohn meines Stiefvaters aus 1. Ehe wird das tun, auch im Namen seiner Tochter (dazu haben wir bis Mitte Januar Zeit). Ich gehe davon aus, dass es niemanden gibt, der das Erbe annimmt, so dass die einzigen, die Ansprüche anmelden könnten, die Gläubiger sind.
Nun ist meine Frage, was meine Mutter als Ehefrau und ich als Bevollmächtigte (beide Vollmachten gelten über den Tod hinaus) denn in finanziellen Angelegenheiten nun noch unternehmen dürfen, ohne a) "versehentlich" das Erbe anzunehmen b) sich gegenüber den Gläubigern (Banken und Inkassounternehmen) "verwundbar" zu machen.
Um konkreter zu werden:
Mein Stiefvater hat allein auf seinen Namen eine Kreditkarte (-2.000 €), ein Sparbuch (+1.800 €), ein Girokonto (ca. 500 Euro), und Schulden bei Inkassounternehmen in Höhe von ca. 70.000 €. Es ist also klar, dass die Schulden durch das Guthaben nicht annähernd zu decken sind. An persönlichen Wertsachen hat er nur eine alte Musikanlage (Heimorgel), der Rest der Wohnungseinrichtung ist gemeinsamer Hausrat. Die Schulden werden derzeit mit monatlichen Raten zwischen 15 und 35 EUR bedient, d.h. Gläubiger wissen, dass nicht viel zu holen ist.GEMEINSAM haben beide ein zwei Girokonten (je ca. +800 Euro), von denen wir uns zur Vorbereitung der Beerdigung jetzt schon bedient haben) und von denen Versicherungen, Mieten und Nebenkosten für beide abgebucht werden, sowie Verbindlichkeiten aus zwei Darlehen in Höhe von insgesamt -20.000 EUR.
Meine Mutter hat allein nur ein Girokonto, auf dass jetzt ihre Rente eingezahlt wird, die aber zur Deckung der Bestattungs- und der laufenden Kosten bei weitem nicht ausreicht.
Jetzt meine Frage:
1) Kann ich davon ausgehen, dass meine Mutter - mit Ausnahme der Heimorgel - über den gemeinsamen Hausrat weiter verfügen darf? Den Mietvertrag kündigen und in eine andere Wohnung umziehen darf (sie ist ein Pflegefall und soll in meine Nähe in eine kleinere Wohnung umziehen)?
2) Darf meine Mutter - oder ich als ihre Bevollmächtigte - die Gemeinschaftskonten meiner Eltern noch benutzen oder sind sie quasi seit dem Tod des Ehemanns eingefroren, weil das Erbe ausgeschlagen werden soll? Müssen die seit dem Tod abgehobenen Beträge (ca. 1.000 €) wieder auf die Konten zurückgezahlt werden?
3) Darf ich als Bevollmächtigte beider über die Konten weiter verfügen und die Bereinigung der Finanzen weiter fortsetzen, also Gemeinschafts- und Einzelkonten des Schwiegervaters auflösen und z.B. das Geld dazu nutzen, die Bestattungskosten, die Wohnungsauflösung zu zahlen und die GEMEINSAMEN Kredit zurückzuzahlen, um die Schulden, die meiner Mutter bleiben, soweit wie möglich zu reduzieren?
4) Gibt es weitere Empfehlungen, wie wir uns gegenüber Gläubigern meines Stiefvaters absichern können, oder ist sowieso nicht damit zu rechnen, dass diese - weil sie die Vermögensverhältnisse kennen - mit Ansprüchen melden werden?
Um Klarheit zu schaffen, sollte die Erbschaft so früh wie möglich ausgeschlagen und nicht bis zum Schluss gewartet werden. Jedes unnötige Zögern erhöht die Gefahr, dass die Erbschaft faktisch angenommen wird.
Ihre Mutter kann den gemeinsamen Hausstand zunächst weiter nutzen. Von einer Veräußerung würde ich bis zur endgültigen Klärung der Erbausschlagung absehen, denn die „Vererbung“ des gemeinsamen Hausstandes an den überlebenden Ehegatten setzt voraus, dass dieser tatsächlich Erbe wird (§ 1932 Abs.1 BGB). Sie darf hingegen die Wohnung kündigen und umziehen. Dabei darf Sie auch den Hausstand mitnehmen – aber nur „verwahren“ und nicht veräußern.
Die bisherigen Gemeinschaftskonten würde ich ebenfalls bis zum Abschluss der Erbauseinandersetzung einfrieren und veranlassen, dass sämtliche zukünftige Renten (Witwenrente und eigene Rente der Mutter) nur auf das Konto der Mutter gezahlt werden. Bereits vorgenommene Abhebungen würde ich ausgleichen, da insbesondere Aufwendungen für die Bestattung gefährlich sind, da diese nach dem Gesetz primär den Erben obliegen.
Sie sollten zukünftig ausschließlich für Ihre Mutter vertretungsweise tätig sein. Jede Fortsetzung Ihrer bisherigen Tätigkeit (Bereinigung der Finanzen) zugunsten des Verstorbenen kann als Annahme der Erbschaft angesehen werden. Bitte leisten Sie auch keine Zahlungen mehr an die Gläubiger und weisen stattdessen allein darauf hin, dass der Schuldner verstorben ist und Ihre Mutter das Erbe ausgeschlagen hat. Sie sollten sich hinsichtlich der Schulden allein darauf konzentrieren, dass ausschließlich die Schulden Ihrer Mutter von ihren Konten getilgt werden.
Die Ergebnisse Ihrer Bereinigungsbemühungen sind kritisch zu prüfen. Festzustellen ist dabei insbesondere, ob der Stiefvater Alleinschuldner seiner Schulden geblieben ist oder ob Ihre Mutter sich in den Regulierungsvereinbarungen mit verpflichtet hat.
Wird die Erbschaft allseits ausgeschlagen ist davon auszugehen, dass von Amts wegen ein Nachlassinsolvenzverfahren eingeleitet wird. Mit dem Insolvenzverwalter ist dann abzuklären, wie die Restbeträge auf den Konten zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden müssen.
Hinsichtlich der künftigen Renten Ihrer Mutter würde ich nicht zu schwarz sehen. In den ersten 3 Monaten wird die Witwenrente in voller Höhe der bisherigen Rente des verstorbenen Ehegatten weitergezahlt. Danach erhält Ihre Mutter die Witwenrente und ihre eigene Rente, so dass insoweit eine auskömmliche Rente zu erwarten ist. Daraus sollten die Kosten einer einfachen Bestattung zu tragen sein. Möglicherweise helfen hier auch die Kinder mit aus in dem ein gewisser Betrag vorgeschossen wird, der bei Auflösung der Konten mit dem Insolvenzverwalter ausgeglichen wird.