Elternunterhalt - Erbe vor Sozialamt schützen

Online-Rechtsberatung
Stand: 08.09.2016
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Vater hat sein Vermögen verschenkt und sich überschuldet. Was passiert, wenn er ein Pflegeheim muss?

Aus aktuellem Anlass bin ich in großer Sorge um meine beiden Töchter. Mir ist erst jetzt bewusst geworden welches Ungemach in der o. g. Problematik steckt.

Der Reihe nach: Ich bin aus erster und zweiter Ehe geschieden. Aus jeder Ehe stammt eine Tochter. Bei der jeweiligen Scheidung habe ich auf eine gegenseitige Unterhaltsverzichtserklärung gedrängt. Mein Leben ist endlich wieder in Ordnung. Ich habe einen tollen Job mit entsprechendem Einkommen, eigenes Haus, vermietete Eigentumswohnung. Dafür habe ich hart gearbeitet. Meinen Kindern habe ich bis zum Abschluss ihrer Ausbildung immer einen gehobenen Lebensstandard bieten können. Leider hatte ich bei der Wahl meiner Ehemänner keine glückliche Hand. Beide haben sich um ihre Töchter nicht gekümmert und diese haben auch väterlicherseits nichts zu erwarten, weder emotional noch finanziell. Ich bin sehr froh, dass die beiden wenigstens von mir mal eine schöne Summe erben können, wenn ich "nichts mehr brauche".
Aber genau hier liegt das Problem. Ich befürchte, dass meine Töchter mal zum Elternunterhalt für den Vater herangezogen werden könnten und dass damit das Vermögen, das ich mühsam für meine Kinder angespart habe, für die nichtsnutzigen Väter im Pflegeheim verbraucht wird. Für mich habe ich für diese mögliche Situation ausreichen vorgesorgt.

Der Vater meiner jüngsten Tochter (31 Jahre) hat nach der Scheidung wieder geheiratet. Es war von Vornherein erkennbar, dass die neue Frau aus finanziellen Interessen geheiratet hat. Diese hat auch zwei Töchter mit in die Ehe gebracht. Als meine Tochter ihr erstes Auto gekauft hat, hatte sie ihren Vater gefragt, ob er sich am Kaufpreis beteilige. Darauf hat er ihr geantwortet, dass seine neue Frau über das Einkommen verfüge. Dies sei Bedingung für die Hochzeit gewesen. Er habe nur noch ein kleines Taschengeld. Mein Mann war bei unserer Scheidung das, was man "gut situiert" nennt.
Er hat den Töchtern seiner neuen Frau Studium, Führerschein, Auto sowie viele Jahre lang die Wohnung und deren Einrichtung finanziert. Meine Tochter sowie sein Sohn aus erster Ehe hatten das Nachsehen und sind leer ausgegangen. Inzwischen ist das Barvermögen aufgebraucht. Die neue Ehefrau hatte sich bei der Eheschließung die Hälfte des Hauses überschreiben lassen. Mein Exmann hat aus Geldnot jetzt eine hoch finanzierte Eigentumswohnung mit 50.000€ Verlust verkauft. Er hat das Geld nicht um nun den fälligen Restkredit zu bezahlen. Meinem Stiefsohn hat er nun mitgeteilt, dass er sein privates Wohnhaus nicht verkaufen wolle. Er hat nun 80 % seiner Haushälfte an seine einkommenslose Stieftochter verkauft (auf Mietkaufbasis). Der Notarvertrag ist bereits geschlossen. Im Gegenzug hat mein Exmann ein Darlehen über 100.000€ aufgenommen, das er samt Zinsen bezahlt. Von den übrigen 50.000€ baut er das Haus noch um und richtet der Stieftochter eine Küche ein. Die Stieftochter ernährt er schon seit vielen Jahren zusammen mit ihrem Kind. Diese bekommt vom Vater des Kindes 430€ Unterhalt. Mit diesem Betrag bezahlt sie in monatlichen Raten die Wohnung ab. Die junge Frau ist "Malerin" und verkauft manchmal eines ihrer Bilder. Ausserdem hat sie einen 400€-Job. Mein Exmann ist also nach Aufnahme dieses Kredits überschuldet. Ausserdem wird er in 15 Jahren, wenn die Stieftochter den Kaufpreis bezahlt hat, immer noch auf einer erheblichen Restschuld sitzen, da er ja die Zinsen bezahlt. Ist denn so etwas rechtens?

Da mein Exmann wohl wieder Alkoholiker ist, sehe ich durchaus die reale Gefahr, dass er einmal im Pflegeheim endet. Wie kann sich meine Tochter vor einem Regress durch das Sozialamt schützen? Durch die herbeigeführte Vermögenssituation hat sie ja nicht mal mit einem Pflichtteil zu rechnen. Ausserdem hat ihr Vater sich schon in der Ehe kaum um sein Kind gekümmert und dies damit begründet, dass Kinder "Weibersache" sind. Nach der Scheidung gab es bei der damals neunjährigen oft Tränen, weil der Vater nicht bereit war, sie abzuholen und etwas mit ihr zu unternehmen. Nach meinem Rechtsempfinden müssten Kinder bei dieser Konstellation von der Unterhaltsverpflichtung befreit werden. Vor allem wie schützt die Tochter ihr künftiges Erbe vor dem Zugriff des Sozialamts?

Bei meiner älteren Tochter (38 Jahre) ist die Konstellation etwas einfacher. Als das Kind geboren wurde, hatte ich keine Ahnung, wo sich der Vater befindet. Er ist dann noch zwei mal aufgetaucht. Er hat seine Tochter mit einer Woche und dann noch mal mit drei Wochen kurz gesehen, danach gab es keinen Kontakt mehr. Diese Tochter kennt ihren Vater nicht und möchte daran auch nichts ändern. Beide Väter haben jedoch Unterhalt bezahlt. Von Bekannten weiß ich, dass auch dieser Vater im Ernstfall wohl zum Sozialfall werden würde.

Bitte prüfen Sie doch mal die Rechtslage. Was können wir für den schlimmsten Fall vorbeugend tun? Für mich ist der Gedanke unerträglich, dass die Beiden möglicherweise für Väter sorgen sollen, die ihrerseits mit diesem Thema überhaupt nichts anfangen konnten.

Antwort des Anwalts

Fragestellung: Elternunterhalt - Was können die Töchter vorbeugend tun, um ihr eigenes Vermögen und künftiges Erbe vor dem Zugriff des Sozialamtes zu schützen?

Neben der von Ihnen angesprochenen Frage der Verwirkung (Stichwort: Die Väter haben es nicht verdient) von Unterhalt gebe ich Ihnen einen Überblick über die Ausgestaltung des Elternunterhalts, damit Sie sich einen Eindruck verschaffen können, inwieweit eine Inanspruchnahme Ihrer Töchter überhaupt möglich ist.

  1. Verwirkung gem.§ 1611 BGB

Ist der Unterhaltsberechtigte durch sein sittliches Verschulden bedürftig geworden, hat er seine eigene Unterhaltspflicht gegenüber dem Unterhaltspflichtigen gröblich vernachlässigt oder sich vorsätzlich einer schweren Verfehlung gegen dem Unterhaltspflichtigen oder einem nahen Angehörigen des Unterhaltspflichtigen schuldig gemacht, so braucht der Verpflichtete nur einen Beitrag zum Unterhalt in der Höhe zu leisten, der der Billigkeit entspricht. Die Verpflichtung fällt ganz weg, wenn die Inanspruchnahme des Verpflichteten grob unbillig wäre. Dies regelt § 1611 Abs. 1 BGB. Vorausgesetzt wird ein grobes, nicht schon ein einfaches Verschulden; das Verhalten, welches die Bedürftigkeit herbeigeführt hat, muss sittliche Missbilligung verdienen. In vorwerfbarer Weise muss der Unterhaltsberechtigte anerkannte Verbote der Sittlichkeit außer Acht gelassen haben. Anwendungsfälle sind insbesondere Arbeitsscheu, Spiel- Trunk- und Drogensucht, die zum Eintritt der Bedürftigkeit geführt haben, vgl. KG FamRZ 2002, 1357 (betr. Drogensucht). Die Rechtsprechung nimmt das Vorliegen dieses Tatbestandes äußerst zurückhaltend und nur in Extremfällen an. Nach Ihrer Schilderung scheinen diese Voraussetzungen nicht vorzuliegen. Ferner muss der jetzt Unterhaltsberechtigte seine gegenüber dem Unterhaltspflichtigen bestehende Unterhaltspflicht gröblich vernachlässigt haben. So läge es z.B., wenn Ihr Exmann Unterhalt von Ihrer Tochter begehrt, obwohl er selbst infolge Trunksucht den seinerzeit geschuldeten Unterhalt nicht geleistet hat, vgl. Bamberger/Roth/Reinken BGB 2. Auflage 2008 § 1611 Rn 3. Auch dies scheint indes bei beiden Vätern nicht der Fall zu sein, auch wenn bei einem eine Alkoholproblematik vorlag oder noch vorliegt. Daneben kommt noch der weitere Tatbestand der schweren Verfehlung in Betracht. Der Verwirkungsgrund setzt einen vorsätzlichen und schuldhaften Verstoß des Unterhaltsberechtigten gegen wichtige, ihm auferlegte Pflichten und/oder Rechte des Unterhaltspflichtigen selbst oder seines nahen Angehörigen voraus. Als Beispiele kommen in Betracht: tätliche Angriffe, ständige grobe Beleidigungen und Bedrohungen, vorsätzliche Kränkungen, vgl. OLG Celle FamRZ 1993, 1235, 1236; OLG Hamm FamRZ 1993, 468. Auch gilt wie zuvor, dass Ihre Töchter als Verpflichtete das Vorliegen der Voraussetzungen beweisen müssen. Das Vernachlässigen der Töchter, wie es offensichtlich bei beiden Vätern vorliegt, genügt hierfür nicht. Insgesamt scheint kein Verwirkungstatbestand vorzuliegen.

  1. Überblick über die Ausgestaltung des Elternunterhalts; Möglichkeiten zum Schutz vor einer Inanspruchnahme

Nach § 1601 BGB sind Verwandte in gerader Linie verpflichtet, einander Unterhalt zu gewähren. In gerader Linie verwandt sind nach § 1589 Satz 1 BGB Personen, deren eine von der anderen abstammt. Eltern sind im Rahmen des Verwandtenunterhalts also nicht nur gegenüber ihren Kindern unterhaltspflichtig, sondern umgekehrt auch Kinder gegenüber ihren Eltern (Elternunterhalt). Ein Unterhaltsanspruch besteht nur, wenn der Unterhaltsberechtigte bedürftig und der Unterhaltspflichtige leistungsfähig ist. Die Unterhaltsverpflichtung unterliegt grundsätzlich keinen zeitlichen Beschränkungen. Sie endet, wenn die Voraussetzungen des Unterhaltstatbestandes nicht mehr vorliegen. Sofern die eigenen Mittel des Berechtigten aufgebraucht sind, tritt zunächst der Sozialhilfeträger ein und übernimmt die laufenden Kosten. Gem. § 94 SGB XII gehen in diesem Fall die Unterhaltsansprüche des Berechtigten gegenüber seinen Kindern auf den Sozialhilfeträger über. Dieser tritt an die Stelle des Berechtigten und fordert die Verpflichteten zunächst auf, Auskunft über das vorhandene Einkommen und Vermögen zu geben. Hierzu sind die unterhaltspflichtigen Kinder gem. § 1605 BGB nach dem Gesetz verpflichtet. Im Anschluss daran überprüft der Sozialhilfeträger die Leistungsfähigkeit der einzelnen Unterhaltspflichtigen und nimmt diese anteilmäßig in Anspruch. Unterhaltspflichtig ist nicht, wer bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen außer Stande ist, ohne Gefährdung seines angemessenen Unterhalts den Unterhalt zu gewähren, vgl. § 1603 Abs.1 BGB. Dabei ist insbesondere der Selbstbehalt des Verpflichteten zu berücksichtigen. Der angemessene Selbstbehalt beim Elternunterhalt liegt bei 1.500,00 EURO und ist damit der höchste Selbstbehalt, den das Unterhaltsrecht des BGB kennt. Der Selbstbehalt ist der Betrag, der dem Unterhaltspflichtigen verbleiben muss, damit er seinen eigenen Unterhalt bestreiten kann. Von seinem Einkommen sind vorab die sonstigen Verbindlichkeiten, wie vorrangige Unterhaltspflichten gegenüber Kindern und Ehegatten abzuziehen. Ferner geht die eigene angemessene Altersvorsorge der Sorge für die Unterhaltsberechtigten vor. Verbindlichkeiten sind als Abzugsposten regelmäßig anzuerkennen, wenn sie eingegangen wurden, bevor die Verpflichtung zum Elternunterhalt absehbar war. Zwar gilt auch hier im Grundsatz, dass die Belange des Unterhaltspflichtigen, der Unterhaltsgläubiger und Drittgläubiger gegeneinander abzuwägen sind. Schon wegen der großzügigeren Betrachtungsweise beim Elternunterhalt werden aber Verbindlichkeiten in der Regel zu akzeptieren sein, wenn sie eingegangen worden sind, bevor die Unterhaltsbedürftigkeit des Elternteils eingetreten ist oder aber absehbar war, dass sie bald eintreten würde. Dies wäre praktisch der Ansatzpunkt für Ihre Töchter, sich vor einer Inanspruchnahme zu schützen. Denn derzeit scheint bei beiden Vätern nicht absehbar zu sein, ob und ggf. wann sie in ein Pflegeheim o.ä. kommen bzw. ob eine Inanspruchnahme Ihrer Töchter eintreten könnte. Die Verpflichtung zum Elternunterhalt findet dort ihre Grenze, wo der Verpflichtete selbst Gefahr läuft, zu einem späteren Zeitpunkt seine Kinder in Anspruch nehmen zu müssen. Nach der Rechtsprechung des BGH soll der Elternunterhalt nicht auf die nächste Generation übertragen werden. Aus diesem Grund hat die eigene Altersvorsorge, wenn sie langfristig angelegt ist, Vorrang. Kinder müssen demnach weder Ihre eigene Altersvorsorge, noch ein selbst genutztes Eigenheim veräußern, um Elternunterhalt leisten zu können. Im Übrigen scheitern Versuche zumeist, sich durch kurzfristiges Verschulden der Unterhaltspflicht zu entziehen. Zumindest prüft das Sozialamt, ob kurz vor einer Inanspruchnahme größere Vermögensverfügungen zum Nachteil der eigenen Eltern vorgenommen wurden.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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