Eintritt der gesetzlichen Erbfolge - Kann man sich gegen eine Erbengemeinschaft wehren?

Online-Rechtsberatung
Stand: 14.03.2012
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Am 3.7.2010 ist mein Vater gestorben.
Am 4.12.2010 erhielt ich vom Amtsgericht/Nachlassgericht die Mitteilung, dass meine Mutter die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbschein beantragt hat:
Meine Mutter zu ½ Anteil – mein Bruder und ich zu je ¼ Anteil.
Zur Vererbung gelangt ein Einfamilienhaus, ein Garten (außenliegend), ein Acker.
Kenntnis von Schulden, Bankkonten oder sonstigem Vermögen habe ich nicht.
Es besteht der begründete Verdacht, dass meine Verwandten zu meinem Nachteil handeln wollen!
Kann ich die Erteilung des Erbscheins verhindern? – verzögern? – wie lange? – mit welcher Begründung?
Sollte es zur Ausstellung des gemeinschaftlichen Erbscheins kommen, kann meine Mutter ihren ½ Anteil verschenken?- verkaufen?- beleihen?
Welche Nachteile können mir entstehen?

Antwort des Anwalts

Sehr geehrter Mandant,

aufgrund Ihrer Fragestellung gehe davon aus, dass hier von Ihrem Vater kein Testament errichtet worden ist, sondern die gesetzliche Erbfolge eingetreten ist. Einwendungen gegen den gemeinschaftlichen Erbschein können mit vernünftigen Gründen nicht erhoben werden, da der Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins offensichtlich vollständig der Rechtslage entspricht. Gegen die Erteilung des Erbscheins können nur Einwände dahingehend vorgebracht werden, dass er nicht der tatsächlichen erbrechtlichen Lage entspricht. Derartige Einwendungen wird das Nachlassgericht mit Sicherheit sofort zurückweisen, so dass kein signifikanter Zeitgewinn erreicht wird, sondern allenfalls vermeidbare Gerichtskosten anfallen werden. Es hat also keinen Sinn, gegen die Beantragung und Erteilung des Erbscheins vorzugehen.

Die Erteilung des Erbscheins kann also mit sinnvollen Gründen nicht verhindert werden, da der in Aussicht genommene Erbschein offensichtlich der Sach- und Rechtslage entspricht. Es ist aus hiesiger Sicht auch wenig wahrscheinlich, dass der in Aussicht genommene Erbschein dazu dienen kann, Ihnen Nachteile zuzufügen. Der zu erteilende Erbschein ist Grundlage dafür, dass hinsichtlich der Immobilien eine der Rechtslage entsprechende Fortschreibung des Grundbuches erfolgt. Sobald Erbschein erteilt ist, ist das Grundbuchamt gehalten, eine Berichtigung des Grundbuchstandes dahin vorzunehmen, dass Sie und Ihre Angehörigen im Grundbuch nach Maßgabe des Erbscheins als Erbengemeinschaft eingetragen werden, was zunächst auch Ihre Rechtsstellung als Miterbe an den Immobilien sichert.

Leider teilen Sie nicht mit, worin Ihr Verdacht besteht, dass Ihre Verwandten zu Ihrem Nachteil handeln wollen. Die Erteilung des Erscheinens jedenfalls kann von Ihnen nicht in sinnvoller Weise verzögert oder aufgehalten werden. Aufgrund der Erteilung des Erbscheins entsteht eine so genannte Erbengemeinschaft. Die Erbengemeinschaft ist dem Grunde nach stets darauf ausgerichtet, dass sie einander gesetzt wird. Ein Miterbe, hier konkret möglicherweise Ihre Mutter, kann nicht über einen einzelnen Gegenstand des Nachlasses verfügen (z.B. ihren Anteil an einem Grundstück), sie kann nur über ihren Anteil am Nachlass insgesamt verfügen. Diese Verfügung muss notariell beurkundet werden. Ihre Mutter könnte also allenfalls ihren Halbanteil am gesamten Erbe verschenken. Sie kann auch verkaufen, in diesem Fall hätten Sie jedoch ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Da zum Erbe erkennbar auch Immobilien gehören, müsste im Verkaufsfall der beurkundende Notar dafür Sorge tragen, dass sie Gelegenheit erhalten, das Vorkaufsrecht auszuüben. Eine Beleihung des Erbanteils ist wenig wahrscheinlich, der üblicherweise Banken kennen keine Erbanteile beleihen, sondern nur einzelne Gegenstände, insbesondere Immobilien. Die Beleihung der Immobilien würde aber ihre Zustimmung erforderlich machen.

Der Antrag auf Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbteils hat für sie keine Nachteile, sondern eher sogar Vorteile, weil die Folge der Erteilung des Erbscheins ist, dass hinsichtlich der vorhandenen Immobilien das Grundbuchamt von Amts wegen die Rechtsänderung im Grundbuch dahingehend einzutragen hat, dass anstelle Ihres verstorbenen Vaters nunmehr Ihre Mutter und Sie und Ihr Bruder Eigentümer in Erbengemeinschaft sind. Nachteile durch die Erteilung des gemeinschaftlichen Erbscheins entstehen gerade nicht, sondern vielmehr wird dadurch Ihre Rechtsstellung im Hinblick auf das Erbe sicher gestellt.

Aus Ihrer Fragestellung kann ich entnehmen, dass sie keinerlei Kenntnis über den Bestand des Nachlasses haben, soweit hiervon nicht Immobilien betroffen sind. Kenntnis über den Bestand des Nachlasses, also eventuell vorhandene Schulden, Bankkonten und sonstiges Vermögen können Sie dadurch erlangen, dass Sie beim Nachlassgericht Einsicht in die Nachlassakte nehmen, um festzustellen, welche Angaben von Ihren Angehörigen dort vorgenommen worden sind. Sie haben gegenüber den Angehörigen auch einen Anspruch auf Erteilung einer Auskunft über den Bestand des Nachlasses, das heißt über alles, was Ihr Vater hinterlassen hat. Die Richtigkeit und Vollständigkeit der Auskünfte kann gegebenenfalls dadurch erzwungen werden, dass sie von den Miterben die Vorlage eines Nachlassverzeichnisses fordern, welches auf Verlangen gegebenenfalls durch eidesstattliche Versicherung zu bestätigen ist.

Um überhaupt einen Überblick über möglicherweise weiter vorhandene Nachlassgegenstände, beziehungsweise Forderungen, wie Bankguthaben, Lebensversicherung etc. zu gewinnen, würde ich empfehlen, zunächst Akteneinsicht in die Nachlassakte beim zuständigen Nachlassgericht nehmen zu lassen. Die Akteneinsicht kann von Ihnen entweder persönlich auf dem Nachlassgericht erfolgen oder bei entsprechender Entfernung durch Übersendung an einen anwaltlichen Bevollmächtigten.

Wenn Sie weiterhin annehmen, dass zu befürchten ist, dass ihre Angehörigen Sie um Ihr Erbteil ganz oder teilweise prellen wollen, stelle ich anheim, dass Sie mir mitteilen, worauf sich diese Annahme konkret stützt. Einwendungen gegen die Erteilung des Erbscheins sind aus den oben genannten Gründen weder erfolgversprechend, noch sinnvoll, sondern allenfalls geeignet, Ihnen unnötige Kosten zu verursachen.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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