Anspruch auf Pflichtteil gegenüber Halbschwestern?

Online-Rechtsberatung
Stand: 21.08.2013
Frage aus der Online-Rechtsberatung:

Mein verstorbener Vater hat aus erster Ehe 3 Töchter (ca. 70 Jahre alt). 2 dieser Töchter sind Witwen und haben keine Kinder.

Ich (56J) bin das einzige Kind aus 2. Ehe.

Frage: Habe ich einen Anspruch auf einen Pflichtteil gegenüber meinen beiden Halbschwestern, welche keine Erben 1. Grades haben?

Antwort des Anwalts

Maßgeblich für die Beantwortung Ihrer Anfrage sind die Vorschriften des Erbrechtes, §§ 1922 ff. BGB.

Grundsätzlich gilt, dass der Erblasser über den Werdegang seines gesamten Vermögens nach dessen Ableben selbst bestimmen kann. Hierzu besteht die Möglichkeit durch das Verfassen einer letztwilligen Verfügung. Eine solche letztwillige Verfügung stellt das Testament dar. Hat der Erblasser ein Testament erstellt, so gilt der hierin verfasste Wille des Erblassers. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Erblasser ein formunwirksames Testament verfasst hat oder dieses aus anderen Gründen nicht wirksam ist.

Liegt dagegen ein unwirksames Testament vor, oder hat der Erblasser überhaupt kein Testament gefertigt, kommt das gesetzliche Erbrecht zur Anwendung. Der wichtigste Unterschied ist, dass der Erblasser bei einem Testament jede beliebige natürliche oder juristische Person zum Erben machen kann und dieser hierdurch Vermögen zuwendet, während der Gesetzgeber über das gesetzliche Erbrecht ausschließlich die Verwandten des Erblassers, in einer bestimmten festgelegten Reihenfolge, bedenkt.

Aus diesem Grunde ist immer zunächst zu prüfen, ob ein Testament vorliegt. Liegt ein solches Testament vor, ist man entweder zum Erben berufen worden oder nicht. Nur dann, wenn das Testament eine Person zum Erben beruft, und damit entweder eindeutig oder zumindest über die Nichtbenennung zum Erben eine andere Person vom Erbe ausschließt, kommt überhaupt ein Pflichtteil in Betracht, weil nach § 2303 BGB ein Pflichtteilsrecht nur für einen bestimmten Personenkreis der gesetzlichen, also vom Gesetzgeber vorgesehenen Erben besteht, wenn diese durch ein Testament vom Erbe ausgeschlossen worden sind.

Angaben über das Vorliegen eines Testamentes sind Ihrer Anfrage nicht zu entnehmen.

Liegt ein Testament nicht vor, so ist gesetzliches Erbrecht anzuwenden. Nach dem gesetzlichen Erbrecht des § 1924 BGB sind zunächst die Kinder, bzw. nach deren Ableben deren Kinder, erbberechtigt. Sind Kinder nicht vorhanden, so erben nach § 1925 BGB die Eltern. Sind diese bereits verstorben, erben die mit dem Erblasser über die Eltern verwandten Personen zu gleichen Teilen. Mithin sind Sie in einem solchen Falle (kinderlose Erblasser mit vorverstorbenen Eltern) ebenso wie andere (Halb-)Geschwister zum Erben berufen.

Wenn dagegen ein Testament gefertigt wurde und wirksam ist, sind Sie möglicherweise als Erbe benannt. In diesem Falle sind Sie zum Erben berufen. Sind Sie dagegen in einem Testament nicht als Erbe benannt worden, können Sie einen Pflichtteil (leider) nicht geltend machen. Zwar sind Sie nach § 1925 BGB bei der Anwendung des gesetzlichen Erbrechtes zum Erben berufen, allerdings ist der Personenkreis der Pflichtteilsberechtigten begrenzt.

§ 2303 BGB lautet:

„§ 2303 Pflichtteilsberechtigte; Höhe des Pflichtteils
(1) Ist ein Abkömmling des Erblassers durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen, so kann er von dem Erben den Pflichtteil verlangen. Der Pflichtteil besteht in der Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils.
(2) Das gleiche Recht steht den Eltern und dem Ehegatten des Erblassers zu, wenn sie durch Verfügung von Todes wegen von der Erbfolge ausgeschlossen sind. Die Vorschrift des § 1371 bleibt unberührt.“

Pflichtteilsberechtigte sind mithin allein Kindern, Ehegatten und Eltern des Verstorbenen zu, wenn sie durch Testament von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen worden sind. Zu diesem beschränkten Personenkreis gehören Sie indes nicht.

Bei der vorliegenden Antwort, welche ausschließlich auf Angaben des Kunden basiert, handelt es sich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes zum Zeitpunkt der Anfragestellung. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.

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