Verbraucher gegen Banken: Wie Sie Ihre Rechte einfordern

Immer mehr Banken mussten sich in den vergangenen Jahren aus verschiedenen Gründen vor Gericht erklären. Dabei ging es um unwirksame Kontogebühren, mangelnde Preistransparenz, fehlerhafte Widerrufserklärungen und plötzlich gekündigte Altverträge. Hier erfahren Sie, in welchen Fällen sich die Gerichte auf die Seite der Verbraucher*innen stellten und wie Sie Ihr gutes Recht gegenüber Banken und Sparkassen durchsetzen können.

Autor:  Redaktion DAHAG Rechtsservices AG.

BGH: Banken müssen rechtswidrige Preiserhöhungen erstatten

Worum geht es?

Das Urteil, welches wohl die größten Wogen schlug, wurde im April 2021 vom Bundesgerichtshof gefällt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zog dabei gegen die Postbank vor Gericht und beanstandete eine AGB-Klausel zu Preiserhöhungen. Diese Klausel erlaubte es der Bank, Vertragsänderungen und Preiserhöhungen pauschal ohne die ausdrückliche Zustimmung der Kund*innen durchzusetzen. Kund*innen der Postbank mussten dabei lediglich in Textform über die Änderung informiert werden. Blieb eine Reaktion aus, nahm die Bank automatisch das Einverständnis an. Nur durch einen aktiven Widerspruch konnten Kund*innen die Erhöhung der Kontogebühren ablehnen – riskierten dabei jedoch eine Änderungskündigung.

Wie entschied der BGH?

Der BGH stellte sich hier klar auf die Seite der Verbraucherschützer. Zwar dürften Banken Änderungen der Geschäftsbedingungen gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) auch dann durchführen, wenn die Kund*innen nicht widersprechen. Dies gelte jedoch nur für neutrale oder vorteilhafte Änderungen. Preiserhöhungen hingegen muss aktiv zugestimmt werden. Stillschweigen sei hier nicht mit einem „Ja“ gleichzusetzen (Urteil vom 27.04.2021, Az. XI ZR 26/20).

Was bedeutet das Urteil für Verbraucher*innen?

Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverbands sprach dem Urteil eine „Signalwirkung für die gesamte Bankbranche“ zu. Auch wenn das Urteil aktuell lediglich die Postbank betreffe, so gebe es kaum eine Bank, die die unwirksame Klausel nicht in ihren AGB hätte. Die Verbraucherzentrale geht daher davon aus, dass Banken zu viel gezahlte Kontoführungsgebühren inklusive Zinsen rückwirkend zum 1. Januar 2018 erstatten müssen. Laut Bankenaufsichtsbehörde Bafin gehe es hier um einen Betrag in Milliardenhöhe.

Was können Betroffene tun?

Wurden auch Ihre Kontoführungsgebühren ohne Ihr Einverständnis erhöht, so sollten Sie sich in einem ersten Schritt direkt an Ihre Bank wenden. Die Stiftung Warentest stellt hierfür eine Reihe kostenloser Musterschreiben zur Verfügung. Teils reagieren Banken einsichtig, teils sollten Sie damit rechnen, dass Ihre Forderung abgelehnt wird. Ist Letzteres der Fall, so können Sie Ihre Erfahrungen direkt mit der Verbraucherzentrale teilen: Diese hat ein spezielles Online-Portal für betroffene Bank-Kund*innen aufgesetzt, um Bankreaktionen zu sammeln. Die Schreiben der Banken werden anschließend ausgewertet und der vzbv entscheidet schließlich, gegen welche Banken er gerichtlich vorgeht.

Unwirksame Widerrufbelehrungen bei Darlehensverträgen

Worum geht es?

Bei Darlehensverträgen greifen viele Banken seit Jahren auf standardisierte Widerrufserklärungen zurück. Wie sich später herausstellte, enthielten viele dieser Schreiben jedoch Formfehler. Das führt wiederum dazu, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt wurde und Kreditnehmer*innen ihr Darlehen prinzipiell auch Jahre später noch widerrufen können. In den Medien haben sich hierfür die Begriffe „Widerrufsjoker“ oder „ewiges Widerrufsrecht“ eingebürgert.

Wie entschieden Gerichte?

Anders als bei den unzulässigen Preiserhöhungsklauseln gibt es beim Widerrufsjoker noch kein eindeutiges, wegweisendes Urteil. Zwar stellte sich der BGH im September 2015 auf die Seite eines Verbrauchers (Urteil vom 22.09.2015, Az. XI ZR 116/15), doch ist hier immer eine Einzelfallentscheidung nötig.

Was bedeutet das für Verbraucher*innen?

Es kann klare Vorteile mit sich bringen, einen teuren Altkredit wieder loszuwerden. Da die Zinsen aktuell günstig sind, erhoffen sich viele Verbraucher*innen eine günstige Umschuldung. Nichtsdestotrotz sollten Sie das Vorhaben genau durchkalkulieren, denn das Risiko ist hoch. So berechnet sich der Streitwert nach dem offenen Darlehenssaldo: Stellt sich das Gericht dann doch auf die Seite der Bank, drohen hohe Anwalts- und Gerichtskosten.

Das Vorhaben wird außerdem dadurch erschwert, dass Verbraucher*innen bei einer Rückabwicklung die gesamte Darlehenssumme auf einen Schlag zurückzahlen müssen. Sollten Sie den Widerruf in Betracht ziehen, müssen Sie sich also frühzeitig um eine Ersatz-Finanzierung kümmern.

Problematisch bleibt auch nach wie vor die umstrittene Nutzungsentschädigung, die gerade bei Kfz-Krediten weitere Probleme verspricht: Einige Anwält*innen argumentieren hier, dass der seit vielen Jahren gefahrene Pkw ganz einfach zurückgegeben werden kann, ohne dass der Käufer eine Nutzungsentschädigung zahlen muss. Teils stimmten Gerichte dieser Auffassung zu, teils nicht. Im November 2019 stellte sich der BGH in zwei Fällen klar auf die Seite der Banken und erklärte den Widerruf für unwirksam (Az. XI ZR 650/18, XI ZR 11/19).

Was können Betroffene tun?

Bevor Sie überstürzt handeln, sollten Sie unbedingt einen Experten oder eine Expertin konsultieren. Die Erfolgschancen sind für Laien unmöglich abzuschätzen. Rechnen Sie außerdem vorab durch, ob sich ein Widerruf wirklich lohnen würde. Die Stiftung Warentest stellt hierfür einen Rückabwicklungs-Rechner zur Verfügung.

Gekündigte Prämiensparverträge

Worum geht es?

In Zeiten von Niedrig- und Nullzinsen auf Sparguthaben freuen sich all jene, die noch einen alten Prämiensparvertrag besitzen. Dabei gewährten Banken zusätzlich zum vereinbarten (und für heutige Zeiten durchaus attraktiven) Zins eine jährliche Prämie, die mit der Laufzeit immer weiter steigt. Derartig gut verzinste Sparverträge sind Banken jedoch mittlerweile ein Dorn im Auge, weshalb immer mehr Kreditinstitute derartige Altverträge kündigen.

Wie entschieden die Gerichte?

Das Urteil des BGH aus dem Jahr 2019 war ein zweischneidiges Schwert für Bankkund*innen: Die Karlsruher Richter entschieden zum einen, dass Banken Prämiensparverträge nicht vor Erreichen der höchsten Prämienstufe kündigen dürfen. Ist diese jedoch erreicht, muss die Bank den gut verzinsten Altvertrag nicht länger weiterführen. Eine Kündigung ist dann wirksam – zumindest in den meisten Fällen (Urteil vom 14.05.2019, Az. XI ZR 345/18). Das Urteil löste im September 2019 eine wahre Kündigungswelle aus: Alleine die Sparkasse Nürnberg und die Stadtsparkasse München kündigten in diesem Monat knapp 50.000 Altverträge, die vielen Sparer*innen als wichtiger Teil ihrer Altersvorsorge dienten.

Was können Betroffene tun?

Haben Sie noch einen Prämiensparvertrag, sollten Sie sich darauf einstellen, dass die Kündigung der Bank Sie früher oder später erreichen wird. Wird Ihnen jedoch gekündigt, obwohl Sie die letzte Prämienstufe noch nicht erreicht haben oder Ihr Vertrag eine klar ausgewiesene Laufzeit vorsieht, so können Sie der Kündigung widersprechen. Auch hier können Sie auf kostenlose Musterschreiben der Verbraucherzentrale zurückgreifen. Ein Widerruf geht mit keinerlei Risiko für Sie einher.

Wichtig ist allerdings, dass Sie das Sparguthaben in der Zwischenzeit nicht anfassen. Heben Sie Ihr Geld vom Konto ab, verlieren Sie Ihre Ansprüche gegen die Bank. Die Bank darf dann davon ausgehen, dass Sie die Kündigung akzeptieren.

 

Weitere Urteile gegen Banken

  • Überziehungszinsen müssen klar ausgewiesen werden

    Wer sein Konto überzieht, muss mit hohen Zinsen rechnen. Wie hoch der Zinssatz dabei genau ausfällt, muss eindeutig kommuniziert werden. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Banken die Überziehungszinsen nicht unter weiteren Konditionen „verstecken“ dürfen. Nur so könne eine transparente Preiskommunikation gewährleistet werden, die Verbraucher*innen ein Vergleichen mehrerer Angebote ermöglicht (Urteil vom 29.06.2021, Az. XI ZR 19/20).

  • Bank muss Schadensersatz für nicht zulässige Schufa-Meldung zahlen

    Eine Bank informierte die Kredit-Auskunftei Schufa über die kurzfristige Überziehung eines Bankkontos um 20 Euro. Das Landgericht Lüneberg sprach dem Kunden daraufhin Schadensersatz in Höhe von 1.000 Euro zu. Die Bank habe mit dieser Meldung gegen die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) verstoßen. Der Kunde hätte zuvor mindestens zweimal schriftlich gemahnt und über eine mögliche Meldung an die Schufa informiert werden müssen (Urteil vom 03.02.2021, Az. 9 O 145/19).

     

  • Bank darf mit Kündigung drohen

    Eine Bank drohte ihren Kunden damit, deren Konten zu kündigen, wenn diese auf eine Rückzahlung der zu viel gezahlten Gebühren bestanden. Das LG Stuttgart erklärte diese Praxis für rechtskonform. Die Bank könne Girokonten grundsätzlich kündigen. Durch das Angebot habe die Bank ihre Kunden vielmehr transparent informiert, dass der Rückforderungsanspruch bestehe. Gleichzeitig habe die Bank einen validen Kompromiss unterbreitet: Wer nicht auf die rechtmäßige Rückzahlung besteht, darf weiterhin das günstige Konto nutzen (Urteil vom 15.02.2022, Az. 34 O 98/21 KfH).